Bild: Der Tivoli Audio-One aus 2004 in der Ausführung cremeweiße Front und Holzgehäuse in [1]
Eines Tages musste es einfach sein:
Die Schlichtheit und puristische Ausstattung in Zusammenhang eines guten Namens in der Branche und optimaler Marketing Darstellung hatte mich schon seit jeher auf das Gerät aufmerksam gemacht.
Nun, erst das Jahr 2023 brachte mich zum Kauf eines gebrauchten TIVOLI Audio One Radios, designed von Henry Kloss (1929-2002) dem Miterfinder von Dolby Rauschunterdrückungsystemen sowie dem Mitbegründer der Firma KLH.
Mein Gerät stammt aus dem Jahr 11/12/2004 in der Ausführung cremeweißer Kunststoff und mittelhellem Walnuss gebeiztem Holzgehäuse, besser gesagt Holzrahmen.
Bild: Die Verpackung wie auch die Geräterückseite klärt auch hier auf wer das sagen hatte [© Verpackung Tivoli Radio]
Demnach war es gestaltet und technisch entwickelt von Henry Kloss und dem Tivoli CEO Tom DeVesto.
Entwickelt und Hergestellt von der Tivoli Audio, LLC in Cambridge, Massachusetts.
Gebaut wie so vieles andere wurde das Ganze natürlich in China.
Erhältlich in den verschiedensten Gehäusevariationen. Aber auch ähnlich aussehenden technischen Weiterentwicklungen wie auch Nachahmer die wie so oft als Trittbrettfahrer auf diesem Zug ebenso unterwegs sind.
Bild: Trittbrettfahrer mit diesem Gehäusedesign bzw. mit dieser Geräteklasse. Silvercrest/Denver, gefälliges Hyundai HE-SR1100 SET als Retro-Radio, First Austria u.a.
Auch letztere waren scheinbar nicht erfolglos wie die vielfachen Inserate zu solcherlei Geräte beweisen.
Silber/Schwarz
Grün/Frost/White
Grau/Weiß
Blau/Holz
Klavierlack/Schwarz
Silber/Weiß
Blau/Kirschbaum
Rot/Weiß
Das Modell hatte aber auch seine Vorgänger, wie den KLH 8 oder den KLH Twenti-One (21), dort u.a. mit einem mechanisch höherwertigen Dreifachdrehkondensator und nur mit UKW Empfang was aber ohnehin zumindest in Europa ausreichend gewesen wäre.
Bilder: Der KLH 8 noch mit Röhrenbestückung sowie der 1970er KLH Twenti-One, mit Dreigang Abstimmdrehkondensator und getrennten Bass- und Höhenreglern!
Ein Gerät etwa 50% größer gebaut denn unser vorliegender Tivoli Audio Model One.
Nicht unwesentlich finde ich, daß Kloss ganz klar nur auf den weitgehend störungsfreien puristischen Klang der UKW FM Technik setzte, während der kommerzielle Tivoli Nachfolger auch die Mittelwelle zu einem Zeitpunkt als diese eigentlich selbst in den USA schon an Bedeutung verloren hatte dabei hatte.
Ob dieses letztlich simple Gerät für jemanden das Gerät der Wahl darstellt, darf sich wie immer jeder mit sich selbst ausmachen.
Dem Tivoli Audio Model One folgte der Tivoli Audio-One BT, eben schon mit der Bluetooth Konnektivität ausgerüstet. Ein Feature, das sich grundsätzlich ja auch beim originären Audio One um wenig Geld nachrüsten liese wenn man es denn wolle.
Wie die Homepage von Tivoli zeigt, gab es eben die originären Modelle sowie deren 2020er Neuauflagen. Möglicherweise auch mit technischen Adaptionen sofern sie nicht ohnehin in der Modellnummer als solche ersichtlich sind [7].
Tivoli Audio Model Two - nachvollziehbarerweise mit einer anschließbaren exteren 2. Lautsprecherbox für den Stereo Klang.
Als Zubehör
dazu darf man wohl den Tivoli Audio Model
Subwoofer zählen.
Tivoli Audio PAL (also so viel wie Freund oder
Kumpel) sowie PAL BT. Auch Akku Betrieb Gehäuse in Kunststoff, somit eher
als Badezimmerradio geeignet. Es hat etwas von den früheren SONY Sports
spritzwassergeschützten Geräten an sich.
Tivoli Model One Digital +
Tivoli Audio Model CD (Reiner CD Player mit FB und ext. Netzteil
Tivoli Audio Model Three (Analoges Uhrenradio,
Stereo, ext. Netzteil))
Tivoli Audio Model Ten (Stereo-Uhrenradio)
Tivoli Audio Model One+ (UKW & DAB/DAB+ Radio)
und andere....
Mechanische Maße: ca. 21,3 x 11,4 x 13,3 cm bei 1,86 kg Gewicht
Mit dem rückseitigen lösen von 6 x gleichlangen Phillips Schrauben kann nach weiterem Trennen der Steckverbindungen (ACHTUNG: Alle markieren!) die Rückseite nach hinten und die Vorderfront nach vorne weggezogen werden.
Bild: Aufbau mit der erkennbaren AM/MW Drahtantenne. Wenn man einmal einen Schaltdraht braucht und in Europa lebt dann kann man ja......
50 Hz Trafo-Netzteil mit Längsregler
Stromaufnahme: 230V mit 25 Watt wird angegeben was für so ein kleines halbleiter/transistorisiertes Gerät etwas unglaublich klingt. Ist es auch, da der Trafo dann letztlich nur mit 11 VA also weniger als die Hälfte spezifiziert ist.
Bild: "Transformers"
Die externen 12 V werden im Fall des Anschlusses über eine Diode an den Längsregler gegeben.
Bild: Der satte 76,2 mm (3") Breitbandlautsprecher
Kompakter NF Verstärker IC Typ: TDA 7266 mit Kühlfahne am Netzteilprint. Diese wird auch richtig heiß selbst bei Zimmerlautstärke.
Bild: Die Grundbeschaltung des 7+7W TDA 7266 bzw. hier TDA7266M (Mono) gemäß Herstellerempfehlung [© ST]
Der Tuner hat als NF Trennverstärker einen LM358N Zweifach OP geschaltet.
Ein SMD Verstärker IC dient dem Kopfhöreranschluß.
Bild: Der Audioprint front und Lötseite
Ebenso gibt es eine Bassanhebung sowie Höhenanhebung um 6 dB wenn man anderen Forenschreibern glauben schenken möchte.
Dies holt mit dem kleinen ca. 76 mm Lautsprecher aber großen Magneten in Verbindung mit dem Bassreflexrohr das nach unten abstrahlt und dem zudem kleinen Gehäusedimensionen mehr heraus als man annehmen wollte.
Herkömmliche Drehkondensatorabstimmung mit jeweils einem Vorkreis- und dem Oszillatorkreis "wie aus dem Lehrbuch". Aufgebaut rund um den IC TEA5711T AM/FM Stereo IC mit AFC und Stereo-Ausgang.
Bild: Beschaltungsvorschlag von PHILIPS zum TEA5711T. Im ONE befinden sich folglich 2 x blaue 10,7 MHz Keramik UKW ZF Filter sowie ein 455 kHz AM ZF Filter [© Philips 8].
AM Empfang:
Per aufgerollter "Rahmenantenne" am Frontchassis sowie per parallel ansteckbarer 3,5 mmm Klinkenbuchse für eine externe AM Antenne.
Bild: Die Anschlußstecker für AM rechts. Das graue geschirmte ist die UKW/FM Antennensignalzuführung
FM Empfang:
Anschluß per F-Buchse wie in den USA und die letzten Jahre auch "bei uns" mehr und mehr geläufig geworden. Daran kann eine Teleskopantenne oder ein Wurfdraht angeschlossen werden. Per rückseitigen Umschalter zwischen interner aufgerollter Drahtantenne und eben ext. wählbar.
Bild: Kennt man schon aus den 1950er Jahren: Integrierte ca. 75 cm lange Drahtantenne für UKW
Nach dem Datenblatt des TEA5711T handelt es sich um einen Varicon Abstimmkondensator, der für AM 140/82 pF und für FM 2 x 20 pF sowie Trimmer mit 4 x 8 pF haben sollte.
Ob Tivoli dem Vorschlag 1:1 gefolgt ist?
Sieht man sich die vielfache periphäre Beschaltung und die "Extras" an so dürfte das nicht der Fall gewesen sein.
Bilder: Der eigentliche Tuner. Rechts der Dual Gate MOS FET in SMD
In jedem Fall dürften während der Fertigungschargen Änderungen an der Audio wie womöglich auch der HF Schaltung vorgenommen worden sein, wie ein Vergleich der 2002er augenscheinlich ausweist.
Er besitzt einen externen FM Oszillator, wiewohl der TEA5710 dies auch "alleine" könnte.
Bild: Der MPSH10 dient als Oszillator Transistor mit der L3 Spule
Der Gesamtkreis hat weiters einen externen Dual Gate MOS FET Mischer, hier als SMD ausgeführt.
Eine Luftdrahtspule L1 bildet nebst periphären Bauelementen die Eingangsstufe, deren Signal, der vorliegende Schaltplan gibt dies leider etwas "nicht nachvollziehbar" an, es letztlich an die offene abgleichbare Eingangskreisspule L5 geht. Der zugehörige Vorkreispaddingkondensator C ist im unteren Bild ersichtlich.
Der IC besitzt zudem eine im Dauerfunktion befindliche AFC Schaltung. Die Regelkonstante wird mit einem 2,2µF 100V (!) Elko vorgegeben.
Da es keinerlei Kontaktleitung an die Oberfläche des Prints oder gar einen Testpunkt gibt, habe ich mir für den Abgleich einen solchen als Drahtschleife angefertigt, der im Abgleichfall gegen Masse kurzgeschlossen wird.
Nicht die LED, sondern die zugehörige Schaltung bzw. Anzeigeempfindlichkeit kann mit dem RV1 Trimmpot eingestellt werden. Nach vielfachen Experimentieren beließ ich es in der mittigen Ausgangsstellung. An den beiden TP-Testpunkten konnte die 0 V Spannung im Fall des perfekten Abstimmung abgelesen werden die bei Verstimmung nach Plus oder Minus wandert.
Da die AFC stetig nachregelt ist es schwer hier ohne Beschreibung der Schaltung zu einer Aussage zu kommen. Und schaltet man die AFC weg, so ist auch diese Abstimmfunktion tot.
Gefälliges, kompaktes Design
Kräftiger Klang mit dem Druckkammerlautsprecher, die sich auch mit der Bemerkung "tolles Gerät mit interessanter Schalldruckführung" beschreiben läßt (daher aber vielleicht etwas zu baßlastig)
Haptisch gefühlte wertige Abstimmung mit dem ca 5:1 Untersetzungsgtriebe (Noniusgetriebe)
ALPS Lautstärkepotentiometer
Manigfaltige Anschlußmöglichkeiten für externe Antennen, Kopfhörer, AUX Eingang und gar eine Buchse für Aufnahmen! (Letzteres möchte ich in der echten Praxis sehen)
Alle Module übersichtlich steckbar miteinander verbunden.
Reparatur grundsätzlich auf Bauteilebene durchführbar.
12 V Betrieb z.B. im Wohnmobil theoretisch ebenso möglich (wenngleich ein wohl kaum eingesetztes Luxusfeature)
Abstimmhilfe: In der jeweils besten Position zum Empfang der Stationen leuchtet die LED Feinabstimmung besonders hell auf.
Bild: Anschlüsse rückseitig die kaum Wünsche bzw. reale Anwendungen offen lassen
Keine Netzabschaltung möglich (Primäre Dauerversorgung des Trafos = St.by Stromverbrauch)
Häufig aussetzende Drehkondensatoren = kein Empfang bzw. starkes Aussetzen
Aussetzender Ein/Aus/Wahlschalter
Zugegeben ein Randthema: Anstelle einer MW/AM Ferritstabantenne im Inneren gibt es nur einen einfachen billigen neunfachen Drahtwickel
Fehlen eines Klangreglers
Mangelhafte, keine bzw. wenn dann bestenfalls eine Ersatzteilversorgung auf "Apothekerpreisniveau". Das gilt auch für originales Zubehör wie eben bei "Life-Style" Produkten üblich. Für letzteres jedoch bieten z.B. Drittanbieter günstig Ersatzantennen und anderes passendes zu moderaten Tarifen an.
Das Thema umfasst auch die nicht freie Zugänglichkeit zu einem Schaltplan. RM.org bietet augenscheinlich als einziger einen Nachgezeichneten? Es muß gemutmaßt werden, das dies Teil der Unternehmenspolitik darstellt. Zufriedene Kunden würden dann wohl eher ein Nachfolgemodell kaufen anstelle das Alte reparieren zu lassen.
Der Fairnis halber muß man sagen, das selbst eine nur einstündige Reparaturzeit bei moderaten Ersatzteilpreisen zuzüglich dem Porto und dem obligatorischen Handlings/Gewinnaufschlag wohl jeden "normalen" Reparaturkunden in die Flucht bzw. zum Beschweren ob der hohen Reparaturpreise führen würde. Und da wären wir sehr bald bei mind. €120 - 150 Euro was leider zumindest in unserer westlichen Welt einen wirtschaftlichen Totalschaden für ein einfaches massengefertigtes Radio darstellt.
Wir sprechen also bestenfalls nur mehr von Hobbytechnikern und Reparaturcafes die eben im Sinne des "Weg von der Wegwerfgesellschaft" und weg von der geplanten Obsoleszenz zudem kostenlos uns ehrenamtlich diese Geräte am Laufen halten wollen. Für die neu geplante EU Verordnung für das Recht auf Reparatur wäre mitunter Tivoli ein Adressat.
Manche Geräte haben einen Aufkleber mit dem Fertigungsdatum, vermutlich Kalenderwoche und Jahr an der Rückseite unter den elektrischen Anschlußdaten angebracht.
Bild: Hier weiß man, bzw, kann wenigstens vermuten wann das Gerät gefertigt wurde: Üblich wären die Kalenderwoche gefolgt vom Herstellerjahr.
Ich habe, und das wird auch bis auf weiteres so bleiben nur das 2004er ONE Model vor mir.
Das Gerät ist daher vielfach bereits mit SMD IC's bestückt.
Vergleiche ich aber mit früheren Versionen die im Web abgebildet werden, so erkennt man dort die noch eingesetzten "herkömmlichen" IC's in der Bestückung. Wann exakt die Umstellung erfolgt ist? Und ob hier auch schaltungstechnisch Verbesserungen eingeflossen sind?
Nachvollziehbarerweise bedient man mit diesen Geräten hier den Weltmarkt. Also ausgestattet mit Standard Gerätebuchsen an denen je nach Länderversion die unterschiedlichen Steckeranschlußkabel angeschlossen werden können.
Bilder: Europa 230V 25 W, die USA Ausführung mit 117 V bei gar 50 (!) Watt was eigentlich nur ein Fehler sein kann. Eine solche Verlustleistung würde das kleine Gerät zum Schmelzen bringen.
Unten stehender Abdruck scheint die Bestätigung des "Irrtums" in der Fertigung zu sein den man später wieder korrigiert hatte.
M1CLA Klassisch Beige/Walnuß
M1BLU Kobalt Blau/Kirsch
M1WHT Silber/Weiß
M1GRN Jäger Grün Marmoriert
M1BBS Silber/Scharz
Textauszug für diesen speziellen Audiofehler aus einem Thread in RM.org vom mittlerweile verstorbenen Sammlerkollegen Herrn Günther Stabe aus 2015:
Nachdem ich ein Radio dieses Typs sehr günstig erstanden hatte (der Verkäufer schrieb: "nach dem Einschalten gibt es ein Geräusch...") und den ersten Versuch wagte, war zunächst ein sehr störendes und unregelmäßiges Knistern zu hören. Damit war Radioempfang zwar möglich, aber nicht verständlich, es wurde alles übertönt. Nach einigen Versuchen durch mehrfaches Drehen des Drehkos, des Potentiometers und des Funktionsschalters wurde es nicht besser - im Gegenteil: lautes Pfeifen (auch nach dem Ausschalten), Krachen und auch Trommelfell- und Lautsprechermebran-zerfetzendes "Störgeräusch" - nicht zum Aushalten! Danach öffnete ich das Gerät bzw. demontierte alles komplett und versuchte, Licht in das Dunkel zu bringen. Dabei musste ich feststellen, dass ein Stereo-Verstärker-IC verbaut wurde, welches nur mit einem Kanal beschaltet wurde; zudem mit einem sehr kleinem Kühlblech(lein). Ebenso eine sehr aufwendige Elektronik für Klang, Stummschaltung (Mute) und eine verwirrende Anzahl von SMD-Bauteilen. Da das Radio - einmal per Netzkabel angeschlossen - immer Strom verbraucht (Standby) und dazu wohl auch noch der eine nicht angeschlossene Stereoverstärker-Kanal immer mitlief (wenn auch nur "Ruhestrom", aber immerhin), komme ich zu dem Schluss, dass es nicht sehr ökonomisch zu betreiben ist... Ein Wechsel des Endstufen-ICs brachte nichts; ich vermutete hier wegen der "riesigen" Last des Lautsprechers, der gewaltigen Membran-Auslenkungen und anderer Effekte einen teilweisen Ausfall. Um es vorweg zu nehmen - so kam ich nicht weiter, alles noch beim alten Stör-Zustand. Bei genauer Untersuchung des Mute-/Standby-Schaltweges (verzögertes An- und Abschalten der Endstufe) stiess ich mit der Lupe auf einen SMD-Widerstand ohne lesbare Beschriftung. Im Kaltzustand gemessen betrug der Wert 100 kOhm; ich vermutete (und lag richtig), dass dieser "geplatzt" war - also ein thermisches Problem. Der Tausch gegen einen "normalen" Widerstand mit 100 kOhm und 0.5W brachte dann die Lösung. Es schien einer der Widerstände zur Erzeugung einer virtuellen "Masse" zum Pin 6 und 7 des Endstufen-ICs zu sein. Warum nun ein größerer Strom als früher hier fließt, d.h. eventuell noch ein Entkoppelungs-Elko hier eine Rolle spielt, kann ich zurzeit wegen der gedrängten Aufbaus und der beidseitigen Bestückung nicht sagen. Das Radio spielt nun wieder einwandfrei ..... Der betroffene Widerstand (104) liegt auf der Leiterbahn von Pin 6+7 des TDA7266 in ca. 4 cm Abstand Richtung Vorverstärker/Steuerung. Das Kühl-/Wärmeableitblech habe ich noch um einen kleinen Aluminium-Rippenkühler erweitert, denn auch im Standby bemerkte ich eine leichte Erwärmung - das sollte nicht sein. |
Der Verkäufer meines eigenen Gerätes zum Anlaß dieses Beitrages hat bereits im Willhaben-Anbotstext ehrlicherweise auf "der Radiosender bleibt nicht stabil und verliert den Empfang" als die üblichen Probleme in der Abstimmung dieser Geräte hingewiesen.
€15,- zuzüglich fairem Porto läßt mich aber einmal entspannt an die Sache herangehen.
Ebenso tun sich entsprechende Fach- und Forenartikel anderer Leidensgenossen zum Thema in allen Sprachen auf.
Was sie alle gemein haben, das ist die nicht vorhandene Ersatzteilversorgung mit einem Ersatzmikrodrehkondensator der die eigentlich standardmäßigen mechanischen wie auch elektrischen Werte erfüllen könnte.
Da nützt einem auch die grundsätzliche Reparaturmöglichkeit nichts, wenn eben fehlerhafte Ersatzteile nicht greifbar werden.
Verbaut sein soll ein "Mitsumi 2LHT-L5" AM/FM Drehkondensator
AM: 2 x 160 pF,
FM: 2 x 20 pF
Die ursprüngliche, leider wertlos gewordene Tivoli Ersatzteilnummer lautete für die Modelle Tivoli Audio Model One, Two and Three "ACC-9622".
Die Grundfrage wäre ob hier etwas aussetzt oder im schlimmeren Fall ein Kurzschluss z.B. zwischen den Platten aufgrund von schadhaften Dielektrikum entstanden ist.
Nachfolgend gehen wir von einer Unterbrechung aus.
Wie schon bei herkömmlichen Drehkondensatoren in Metallbauweis ebekannt, kann der Masseschleifer, der das Signal an der Drehachse abnimmt Kontaktprobleme bekomen.
Sei es durch Oxidation oder anderes sei hier in ermangelung eines Detailstudiums dahin gestellt. Selbsternannte Fachleute sprechen gar von der Achse des Bösen!
Gelingt es folglich diese Achse mit einem kontaktreinigenden Mittel an der relevanten Stelle zu behandeln dann sollte es im Idealfall für viele weitere Jahre wieder funktionieren. Sollte!
Bild: Grobskizze zur Inneren Verschaltung dieser Miniaturquetschdrehkondensatoren
Ebenso schon manigfaltig beschrieben ist die Idee den Drehko zu öffnen und mit TUNER 600 oder anderen schnellflüchtigen Spezialreinigern zu spülen.
Dies habe auch ich durchgeführt. Mit dem Erfolg = 0 (Null)
Andere gehen gar soweit, die Folien/Plattenpaare auseinanderzunehmen, zu reinigen und wieder zusammenzubauen.
FOLGT
Symbolbild: Ein ganz Engagierter. Ob mit besserem Erfolg bei diesem wenn überhaupt, ein Dollar Bauteil, nach dem Zusammenbau bleibt fraglich.
Gemein haben diese Versuche, das sie funktionieren können aber nicht müssen. Insbesondere wenn der Fehler nach rund ein paar Wochen wieder erneit auftritt , so kann von einem Erfolg der den Aufwand rechtfertigt kaum die Rede sein.
Zudem das Gerät weder selten, noch alt ist um jedes individuelle Einelstück "retten" zu müssen.
Es werden ähnliche(!) Drehkondensatoren auf diversen Portalen angeboten. Im wesentlichen geht es uns ja um den UKW Empfang mit den benötigten 2 x 20 pF.
Die Abstimmachse muß im Print durchsteckbar sein.
Der Drehko besitzt vier Print - Lötanschlüsse die zugleich die mechanische Verschraubung des Drehkos selbst ermöglichen, sowie zwei weitere klammerartige Lötfahnen.
Diverse Ersatztypen haben jedoch bisweilen lediglich Anschlüsse in Form von Lötfahnen die man dann bearbeiten und anpassen muss.
Ob sich das jemand antut ist jedem sein eigenes Vergnügen. Youtube zeigt uns den Beweis.
Es werden in den USA Ersatztypen angeboten die man sich um US$ 24,- zuzüglich Porto schicken lassen kann.
Andere berichten wiederum von erforderlichen Ersatzteil Großabnahmen, deren Überschuß alias Sur-Plus sie dann zumeist immer noch günstig abstoßen (wollen).
21 x 21 x 16,5 mm werden als Maße beim Original angegeben.
Zu beachten ist auch der mit ca. 6 mm herausgeführte Achsansatz mit dem innen liegenden Gewinde zur Verschraubung der Kunststoffzwischenstücks mit dem Klemmring hin zum Untersetzungsgetriebe.
Es steht auch die Option eines Umbaues, einer Erweiterung der Abstimmung auf Kapazitätsdioden mit Potentiometer geführter Abstimmspannung im Raum.
Erweiterung auf Preset Tasten?
Oder gar eine PLL Aufrüstung?
In jedem Fall etwas für solche mit ausreichender Tagesfreizeit.....
Wie obig beschrieben, ist der Drehkondensator nicht mehr als reguläres Bauteil verfügbar.
Aber, es gibt ja die Quellen in China wo es angeblich immer alles zu kaufen gibt.
Folglich wollte ich mir experimentell diesen Aufand einmal antun und machte dabei die Erfahrung, das eben dieser Mitsumi Artikel, wie mir unzählige Bauelementehändler zurückschrieben "Out of Stock", also nicht mehr erhältlich sei.
Lediglich ein Händler konnte noch einen sehr kleinen Restposten ausfindig machen und man wurde handelseins. Einige Zeit, nachdem Bestellungsformalitäten, Zahlung und Versand mit Zoll und Einfuhrumsatzsteuer etc. in klärung waren kam die kleine Schachtel an.
In Folge konnte ich mein Gerät mit einem NOS - New Old Stock Bauteil augenscheinlich gleicher Type Mitsumi 2LXT-L5 und Spezifikation reparieren.
Die Type 2LHT hat zum 2LXT lediglich im AM Bereich Kapazitätsunterschiede die für FM keine relevanz haben (140 statt 160 pF).
Mein verbaut gewesener "alter" Drehko hat jedoch bei AM gleiche Werte wie der 2LXT, also ebenso 160 pF.
Bild: Messungen am alten verbauten wie neuen Mitsumi 2LXT-L5 Drehko: Es waren keine abweichenden Werte erkennbar
Der FM Bereich ist ohnehin lt. Datenblattvergleich 1:1 ident.
ACHTUNG: Ich verkaufe über meine Website KEINE Ersatzteile etc.
Soweit vorrätig kommen von Zeit zu Zeit meine privaten Überschußgeräte bzw. Teile auf einschlägige Online Verkaufsportale. Bitte siehe dort unter Eingabe entsprechender Schlüsselwörter!
Was ich hier Beschreibe war eine "endlose" Spielerei, da man ja alles erst suchen muß wo was zugehörig ist.
Mitunter ist ein Abgleich nach dem Drehko Tausch erforderlich, da nicht ohne Grund eben sogenannte Paddingkondensatoren für den jeweiligen AM und FM Oszillator wie auch der Vorkreise an der Rückseite angebracht sind.
In meiner Betrachtung "spare" ich mir den AM/MW Abgleich, da auch ein abgeglichenes Gerät im praktischen Betrieb mir angesichts bereits abgeschalteter Sender nichts bringen würde.
Bei FM hilft mir meine erst jüngst aufgefrischte Erfahrung beim 1960er Sanyo "All Wave Deluxe" Portable Radio 9G-605 Kofferradio.
Letztlich hilfreich war dabei die temporäre Stillegung der AFC wie schon oben beschrieben um das stetige zudem lästige automatische Nachregeln der Frequenz während des Abgleichs zu unterbinden.
Mein Hauptthema war, dass die Frequenzangaben der Skala nicht 1:1 mit den Empfangsfrequenzen übereinstimmten.
Es passte wahlweise oben oder unten am Band nicht.
Nach mehrfachen Abgleichen habe ich je nach UKW Bandstelle so um geschätzt mit max. 200 kHz Abweichung = ca. 3mm an der Skala am oberen Ende diesen Gleichlauf herstellen können.
Die Vorgangsweise ist hier einheitlich wie bei allen Superhets um einen Gleichlauf in der Abstimmung zu erhalten.
Induktiv wird am unteren Bandende (niedrige Frequenz) abgeglichen.
Kapazitiv am oberen Bandende (hohe Frequenz) mit den Paddingkondensatoren (Trimmern) am Drehko.
So die Theorie. In der Praxis ist es ein mehrfaches hin- und herdrehen bis es letztlich passt.
Da bei dem hier bauartbedingt vorliegenden >Zweipunktabgleich< die Abstimmkurve, das ist der Gleichlauf zwischen dem Vorkreis und dem Oszillator die ja bei FM 10,7 MHz aufgrund der ZF Frequenz beträgt eine >S< Kurve ist, stimmt folglich die Abstimmung eigentlich nur zweimal an der Skale.
An allen anderen Stellen ist sie mehr oder weniger etwas abweichend was aber seit Jahrzehnten billigend in Kauf genommen wird.
Mangels einer Abgleichanleitung gehe ich wie folgt vor:
Bei einer Frequenzbandbreite von 87,5 bis 108 MHz = ca. 20,5 MHz wähle ich formal im unteren Drittel die untere Mittenfrequenz:
also 88 bis 95 MHz = ca. 90 MHz
94 bis 101 MHz
und bei
101 bis 108 MHz = ca. 104 MHz, als die obere Abgleichfrequenz
In der Praxis, soferne man nicht einen Meßsender heranzieht, wird man dazu nächst passende lokale stärkere Rundfunksender als Referenzpunkte wählen.
Idealerweise sollten dann alle weitere Frequenzpunkte dazwischen wie auch außerhalb mit der Skala übereinstimmen. So die Theorie.
Bei aller gebotenen Theorie:
Hier bei diesem Gerät der ja kein "Kommunikationsempfänger" sondern "nur" ein besseres Küchenradio darstellt folge ich dem faktischen Gebot das Gerät für den Alltag vernünftig spielend zu bekommen.
Hilfreich war eine extern angeschlossene Antenne die ich zudem mit einem Dämpfungsglied abschwächen konnte um so die Maxima besser verorten zu können.
Der direkte Empfang war ja leider durch das China Schaltnetzteil der LED Beleuchtung, zudme im Keller gelegen stark gestört.
Von hinten aus betrachtet ist der rechte Trimmer der Oszillatortrimmer und der unten mittige der Vorkreistrimmer.
Die Luftdrahtspule beim Schaltungseingang dient als Eingangskreisspule und kann durch ziehen oder zusammendrücken nachgeglichen werden. Dies unterlasse ich allerdings.
Als Oszillatorspule dient die beim Drehko angesiedelte >L5< offene Drahtspule mit nur 2,5 Windungen und einem Abgleichkern. Letzterer ist mit Wachs vergossen und es besteht ein Restrisiko das dieser beim Drehen brechen könnte.
Bild: "Trimm dich fit" - Trimmerverortung am Mitsumi FM/AM Quetschdrehkondensator sowie der Abgleichspulen
Beim zerlegen passierte mir, wiewohl ich natürlich Fotos der Baugruppen gemacht hatte der bekannte Anfängerfehler:
Drei bis vier Kabelleitungen sind mit einem zweipoligen Stecker versehen die man alle verwechseln könnte:
Antenne AM intern und extern
Antenne FM
Lautsprecher und
Spannungsversorgung - letztere beide sogar mit gleichem rot/schwarzen Drähten versehen.
Also vorher beschriften, oder wie ich mühevoll wieder herausmessen wo was richtig hingehört um Fehlanschlüsse und Fehlfunktionen oder gar Folgeschäden zu vermeiden!
Das Gerät gibt es bis heute (2023) als Neugerät auch in den weiterentwickelten Varianten zu kaufen. Wem das gefällige Design und die bewußte Reduzierung auf das Wesentliche gefällt bzw. dies zu dem geplanten Einsatzzweck wie z.B. Küchen- oder Büroradio passt, dann mag es die richtige Wahl sein.
Preise werden aufgerufen von "Gratis" am Wertstoffhof (meist defekt mit z.B. dem Drehkondensatorproblem sowie zerkratzt) bis hinauf zu rund 120 Euro für funktionierende gebrauchte. (Stand 2023).
Die Neugerätepreise betrugen für den Tivoli Model Audio One um die 190 Euro.
Für seltenere bzw. besser erhaltene Gehäusevarianten werden mitunter höhere Preise aufgerufen.
Als Techniker war mir aber klar einmal selbst diesen Gerätetyp am Tisch zwecks persönlicher Einsichtnahme haben zu wollen.
Was stört, ist die Nichtnetztrennung beim Abschalten.
Schaltet man aber per einem externen Schalter ab, dann ertönt jeweils ein unangenehmes sattes störendes "Ploppen" im Lautsprecher.
Im "Normalbetrieb" ist der Trafo und die Spannungsstabilisierung ja permanent in Betrieb und entwickelt im Geräteinneren eine entsprechende Abwärme die folglich zu konstanten Betriebsbedingungen führt.
Betreibe ich das Gerät jedoch per externen Ein-Ausschalter, dann verstimmt sich mitunter die Abstimmung je nach Temperaturhaushalt im Gerät. Dies insbesonders wenn ein starker HF Störnebel aus z.B. billigen China LED Netzteilen das Frequenzspektrum vernebelt. Als echten Fehler wird man das aber eher nicht bezeichnen können.
Tivoli Audio, das Tivoli Audio Logo und der Modellname Model One sind eingetragene Warenzeichen der Firma Tivoli Audio, LLC und wurden diese nur in beschreibender Weise verwendet
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gehörend Updated:
02.04.23