Bild: Der WSW Radio-Kurier, Modell FSR 840 aus 1958
Zwar nicht als "Kurier des Kaisers", aber als modernes Kombinationsgerät für den nunmehrigen "König Kunden" gab es in der Saison 1958 dieses interessante Gerät für den österreichischen Markt das es allemal Wert ist wohl erstmalig in der neuzeitlichen Reprospektive öffentlich vorgestellt zu werden.
Ein Beweis, das es nebst der Marktdurchdringung von PHILIPS und HORNYPHON und MINERVA eben auch weitere Marktteilnehmer mit schönen wie auch interessanten Fernsehgerätemodellen gab.
Noch gab es 1955 und auch später seitens der geneigten Käuferschaft in sachen der (teuren) Fernsehgeräten Unklarheiten hinsichtlich der Zukunft des neuen Mediums.
Wird das Fernsehen das Radio verdrängen, war da so eine Frage?
Die andere zielte wiederum auf den Wunsch nach einem "Universalgerät" ab, das eben die neue Fernsehfunktion mit einem Radiogerät, idealerweise mit dem für Österreich ab September 1953 neuen UKW Radioempfang gleich verknüpfen könnte.
Ein dann vermeintlich günstigerer Preis, mitunter aber mehr die mögliche Platzersparnis mag potentielle Käuferkreise diesen Radio-Fernseh-Kombinationsgeräten zugesprochen haben.
An Platz bedürfte es in diesem Fall 490 x 470 x 470 mm in dem Maßen, bei 28 kg Gewicht was dem 43 cm Standard Fernsehgeräten entsprach.
Was ist daran wahres?
Welche Argumente können auch heute noch nachvollzogen werden?
Und wo ging die Rechnung für den Käufer vielleicht doch nicht ganz auf?
Einleitung
Die Geräteklasse der Radio & TV Kombinationsgeräte in den 1950er Jahren
Frühe TISCH Kombinations-Radio- und Fernsehgeräte im einstigen Ostblock
Modellstudien
Nummerndeutungen
Der Siemens WSW Kurier in seinen Funktionen
Die Technik des WSW Radio-Kurier
Zur Firma WSW
Weitere bekannte in- und ausländische Radio-Fernsehkombinations-TISCH-geräte der 1950er Jahre
Quellen und Literaturnachweise
Weitere Lesetipps des Autors
In meinem Beitrag zum beliebten und häufig anzutreffenden Modell des einstigen lokalen Wiener Wettbewerbers führe ich den MINERVA Schrank, ein Radio-TV und Phono Kombigerät wie auch seine Nachfolger und den inländischen Wettbewerb am Markt an.
Alles waren sie STANDGERÄTE unterschiedlicher Bauform und Größe, die eben ihren Platz in den einst eher bescheidenen Platzverhältnissen heimischer Wohnzimmer der arbeitenden Bevökerung beanspruchten um entsprechend auch optisch als neues Prestigeobjekt und als Beleg "in der neuen Zeit angekommen zu sein" gegenüber Besuchern wirken zu können.
Dieses Tischmodell aber hat vom Auftreten her diese Allüren nicht, da er kaum bzw. überhaupt nicht größer als ein vergleichbares 43 cm Fernsehgerät seiner Zeit war.
Diese Gehäuseklasse gab es auch noch nicht zu Anbeginn des österreichischen Versuchsfernsehens ab August 1955 zu kaufen.
Denn noch galt es damals überhaupt erst einmal Gerätekäufer für die wenigen Stunden Fernsehprogramm je Woche zu finden.
Erst mit dem Beginn des regulären, zudem mittels Monatsbeitragsgebühren kostenplichtigen Fernsehdienstes des österreichischen Rundfunks ab 1957 ging es auch damit los mit nach und nach weiteren neuen Gerätemodellen und zusätzlichen "Features" wie wir heute sagen um die Gunst des Kunden zu buhlen.
Ab 1958 zog dann merklich das Fernsehgerätegeschäft an, wie allgemein viele erhaltene Geräte dieser Zeit belegen.
In Österreich war man jedoch mit TISCH-Kombinationsgeräten eher erst später dran.
Zudem sich diese Geräteklasse bis zum Aufkommen der ersten japanischen transistorisierten eher kleinen zudem portablen Kombiimportgeräte ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre weniger durchsetzen konnte.
Länder wie die DDR, der Sowjetunion aber auch der CSSR hatten hier von anbeginn jedoch solche Modelle am Start, die in der Lage waren die elektronischen Bauteile und Gehäuse somit doppelt und damit effizenter ausnutzen zu können.
Nach Annahme des Autors diente diese Geräteklasse auch
dazu, um die Produktionsziffern für Fernsehgeräte wie auch Radiogeräte mitunter
geschöhnt weil vielleicht doppelt zählend deuten zu können was aber nur eine Vermutung zum planwirtschaftlichen
Vorgehen ist.
Ein Vertreter dieser Klasse, der sowjetische >START 2< mit UKW Radioteil wird demnächst in meiner Werkstatt einer Instandsetzung und einem Praxistest unterzogen werden. Bleiben sie schon einmal dran.
Als auszugsweise angeführte Beispiele dienen der
1950/51 DDR Sachsenwerk
Leningrad T2 (UKW & MW/LW/KW
Radio). Die Bildröhre ist hinter der Schiebetür abgedeckt.
1953 aus den Moskauer Radiowerken der "ZENIT" (nur OIRT UKW)
und 1954-57 der tschechoslowakische
TESLA 4002A
Radio-Fernsehkombiempfänger (Nur MW/LW/KW)
Beide erstgenannten hatten zudem auch schon das dort ebenso neu eingeführte UKW Radioband.
So berichtet Radio-Österreich in XXXX schon 195X von diesen sowjetischen "Universalgeräten" die womöglich, wenn auch das Fernsehen in Österreich noch weit in der Ferne lag die potentiellen zukünftigen Teilnehmer schon etwas "anspitzte". Abgesehen davon, das 195x notgedrungen eine prosowjetische Haltung im politischen Alltag oportun war.
Das WSW Fernseh-Erstgerätemodell am österreichischen Markt war der >WSW FS 5643<, der zeitgerecht zum TV Start 1955 um öS 7.800,- Schilling, zudem mit einer absperrbaren Frontklappe erschien.
Erwähnt sei, das es den >WSW Radio-Kurier FSR 840< der öS 7.480,- Schilling kostete,
auch ohne den Radioteil als >KURIER 59 FS 5843< um öS 6.480,- Schilling, also um öS 1.000,- Schilling entsprechend günstiger zu kaufen gab.
Das waren die öS 1.000,-, um die es zum "normalen" Fernseher dieser Preisklasse ein vollwertiges extra UKW/MW Radio, die EUMIG Eumigette gab!
Andere SIEMENS WSW Radiogeräte ähnlicher (bescheidener aber ausreichender) Ausstattung ab rund öS 1.295,- kosteten.
Das Argument für ein Kombigerät so womöglich am ehesten der nicht erforderliche zusätzliche Platzbedarf und die so nicht zusätzlich belegte, damals noch nicht so inflationär vorhandenen Stromsteckdosen in den Wohnungen belegte.
Im Fall eines Defekts dann wahlweise das Radio- oder der Fernseher alleine weiterbenutzt werden konnte. Beim Radio-Kurier aber mitunter der ganze Apparat ausfallen konnte ehe er in einer Werkstatt oder im Heimservice wieder instandgesetzt werden konnte.
Die >8< für die Saison, hier 1958 stand, die häufig schon im Vorjahr mit der Wiener Herbstmesse begann. Die >43< für die Bildröhrendiagonale in cm.
Nur wenig in der Fernsehschaltung verändert, bekam man ihn als >WSW Kaleidoskop FS 5853< eben auch als 53 cm reines Fernseh-Tischgerät um öS 8.450,- Schilling ab etwa März 1958 zu kaufen.
Etwas viele Bedienorgane weist der Kurier für den potentiellen Nutzer auf, die mitunter für Verwirrung, vielleicht auch gerade deshalb gar zum Ablehnen dieses Modells bzw. des Konzepts selbst geführt haben könnten.
Obiges bleibt einerseits Spekulation. Andererseits finden sich diese Geräte im Vergleich zu den allgemeinen Fernsehgeräten jener Zeit, aber auch den Kombinations Standgeräten eher selten, um nicht zu sagen fast gar nicht am Nostalgiemarkt.
Ausnahmen wie ein Angebot aus dem salzburgerischen Raum im Frühjahr 2025 zeugen die Ausnahme von der Regel.
Als für den einstigen Kunden absolut interessant, gibt es den damals relativ neuen UKW Radioempfangsteil mit einer eigenen Abstimmeinheit zusätzlich zur ebenso damals noch bedeutungsvollen Mittelwellenabstimmung.
Somit hatte der Radiohörer gewissermaßen bequem zwei frei einstellbare "Festsender" per Klaviertastenagreggat aufrufbar, um eben das Programm >Österreich I< auf UKW, und das >Regionalprogramm< auf Mittelwelle aufrufen zu können.
Hinzu kamen die Lautstärke und Tonblende zum Einstellen.
Weiters bot das Gerät das Anwählen eines extern anzuschließenden Schallplattenspielers.
Im Gerät integriert ist dieser jedoch nicht, wiewohl mit etwas Phantasie und "Ingenieursbiß" dies sicher ebenso von oben eingebaut möglich gewesen wäre.
Was fehlt, das ist ein Kurzwellenteil, ebenso eine damals übliche häufig gar drehbare Ferritantenne für MW und ein Langwellenteil.
Für den Alltagsbedarf aber wird UKW und MW allemal ausreichend gewesen sein.
Ebenso bedienfreundlich konnte er per Tastendruck die Fernsehfunktion eingeschaltet bzw. vom Radio her umgeschaltet werden.
Anders als etwa der auch heute vielfach angebotene MINERVA Schrank, bot dieser WSW einen eigenen VHF Tuner für die Programmabstimmung.
Diese wird im Groß der Fälle immer fest auf dem lokalen Sender, wie etwa VHF Kanal 7 für Graz eingestellt geblieben sein. Lediglich die üblicherweise per Doppelachse ausgeführte Feinabstimmung bedurfte mitunter hin und wieder einer Nachjustierung.
Anders war dies in Grenzregionen wie etwa in Oberösterreich, Salzburg oder im Tiroler wie auch Vorarlberger Raum, in denen vielfach auch der Empfang zumindest eines Nachbarprogramms aus dem Ausland technisch möglich war und am Kanalwähler z.B. auf VHF Kanal 3 für das schweizer Fernsehen SRG, oder etwa VHF Kanal 10 für den bayrischen Sender Wendelstein umgeschalten wurde.
Was man technisch bereits einsparen konnte, das war eine
frontseitig erforderliche Nachstimmung durch den Zuseher für die vertikale wie
auch horizontale Bildsynchronisation, die man als nur mehr selten und im Bedarfsfall
dann eher
nur einmalig von der Rückseite her bedienen konnte.
Als Zubehör gab es, wie auch bei so manch anderem Hersteller, eine Kabelfernbedienung, Typ >Febe 7< mit 5 m Anschlußleitung und der Regelmöglichkeit für Lautstärke und Helligkeit. Als Kaufpreis waren öS Schilling, also grob 5% des Gerätekaufpreises aufgerufen.
Etwas in der Literatur untergegangen ist die hier 1958 angewandte Modul bzw. Baugruppentechnik die sich mit dem Radioteil aber auch den TV Gruppen ergeben hat.
Untereinander sind so fünf Baugruppen oder Module wechselseitig im Servicefall austauschbar gewesen.
Bild: WSW Module
Ein Attribut, das für sich etwas vollmundig der österreichische Hersteller EUMIG für seinen ebenso gegen Ende 1958 erschienenen EUMIG TV310 als "weltweit erster Modulfernseher" in Anspruch nahm.
Lesen Sie in meinem Beitrag darüber wie man dies verstehen darf.
Wir finden ein damals übliches Allstromnetzteilchassis vor, das für 220 V Gleich- und Wechselstromnetze gedacht war.
Die Netzgleichrichtung erledigt bereits ein Halbleitergleichrichter.
Im TV Tuner arbeitet bereits die auch von GRUNDIG so beworbene "Wunderröhre" PCC88 die gute VHF Empfangseigenschaften bot.
Insgesamt war es ein 20 Röhren Gerät, die Bildröhre mitgezählt.
Auch sonst haben wir einen damals durchaus üblichen Röhrensatz mit:
PCC88, PCF80 im 12 Kanal VHF Kanalwähler der österreich Typisch auch den VHF Band I Kanal 2a für den Sender Jauerling aufweist.
4 x EF80, PCL82 im Bild-ZF Teil
2 x PCF80, PCL82, PL36, PY81 und DY87 im Impulsteil
PCC85, ECH81, EBF89, EF80, PCL82 (NF Verstärker) und einem magischen Fächer EM81 im kombinierten Fernsehton und Rundfunkteil
Germaniumdioden finden sich dann u.a. in der Signalgleichrichtung und dem Ratiodetektor
eine AW43-80 diente als Bildröhre noch mit Ionenfalle
Bild: Das modular aufgebaute Chassis mit den Funktionszuordnungen. Quelle: WSW Literatur
Während der Fernsehteil mit der da schon üblichen 38,9 MHz Bild ZF arbeitet, und der TV Ton mit der 5,5 MHz Ton ZF, so sind es beim UKW Radio ebenso die 5,5 MHz anstelle der sonst standardisierten 10,7 MHz.
Ob und inwieweit dies im praktischen Betrieb einen Qualitätsunterschied, Stichwort Nachbarkanaltrennung, Trennschärfe, Kreuzmodulationen ausmachte?
Bild: Schemata des UKW-MW-FS-Tonteils
Das MW-AM Radio aber bietet die üblichen 460 kHz ZF.
WSW steht für Wiener SchwachstromWerke, die wiederum zur SIEMENS & HALSKE Gesellschaft m.b.H gehörten.
1948-1960 betrieb Siemens & Halske (zwischendurch auch WSW/Siemens Austria genannt) eine eigene Radio- und Fernseh-Produktion.
Bild: WSW Logo jener Zeit. Die Wellenform, die wir auch von Logos anderer Radiohersteller kennen dürften "Radiowellen" symbolisieren.
Folglich WSW Geräte auch einen gewissen Lokalpatriotismus ausstrahlen vermochten. Dies gilt auch für die studiotechnische Ausrüstung des österreichischen Rundfunks bis hin zum Fernsehen wie stellvertretend erwähnt der erste Außenübertragungswagen ab Dezember 1955 wofür es viele Speziallösungen gab.
Der Autor dieser Zeilen war in den frühen 1990er Jahren kurzzeitig ebenso im Wiener Funkhaus Wien IV für SIEMENS bei Arbeiten am HKR Hauptkontrollraum sowie weiteren Studioräumen, Stichwort erste abrufbare Mediendatenbanken mitwirkend.
Die Website https://geniswebsite.org/BLOG/Siemens-Halske_WSW_SIEMENS.pdf gibt auszugsweise angeführt zu WSW wie folgt an:
"Nach dem Krieg 1945 wurde das Unternehmen (SIEMENS) verstaatlicht, in Wiener Schwachstromwerke umbenannt und setzte seine Expansion fort.
Zweigbetriebe entstanden außerhalb Wiens.
1955: Die österreichischen Siemensgesellschaften verpflichten sich im so genannten „Innsbrucker Dokument“, gegebenenfalls auf Verlangen der deutschen Stammhäuser den Firmennamen derart zu ändern, dass er nicht mehr an Siemens, Halske oder Schuckert erinnert.
Die Siemens Schuckert Werke AG, Zweigniederlassung Wien mit den Standorten Engerthstraße und Siemensstraße werden an die Siemens Schuckertwerke GmbH übergeben, die Wiener Kabel- und Metallwerke Aktiengesellschaft wird in die staatliche Industrie eingegliedert.
Siemens & Halske GmbH sowie Siemens Schuckertwerke GmbH •
Ausrüstung der Wiener Staatsoper und des Burgtheaters mit neuen Stark- und Schwachstrominstallationen
1956: Rückwirkend zum 1. Januar erfolgte die Fusion zwischen der Österreichischen Elektroindustrie GmbH und der Siemens Schuckertwerke GmbH.
(Die Eintragung in das Handelsregister erfolgt erst im April 1957.)
Siemens & Halske GmbH und Siemens Schuckertwerke GmbH wird die Generalvertretung für die Erzeugnisse der Siemens & Halske AG, Berlin und München, und der Siemens Schuckertwerke AG, Berlin und Erlangen, in Österreich übertragen.
1958: Am 18. Juni erfolgt die amtliche Eintragung des Warenzeichens „WSW“ – Wiener Schwach- bzw. Wiener Starkstromwerke.
1965: Am 1. April ändert die Siemens Schuckertwerke GmbH ihren Namen in Wiener Starkstromwerke GmbH (WStW) [Anmerkung: Das Kürzel selbst kannte man auch für Wiener Stadtwerke stehend] und die
Siemens & Halske GmbH in Wiener Schwachstromwerke GmbH (WSW)."
Hier kennen wir u.a.
die bereits obig angeführten FRÜHEN osteuropäischen Modelle, die jedoch nie nach Österreich importiert wurden.
am ehesten und relativ häufig zu sehen sind die westdeutschen
1956/57 GRAETZ Reichsgraf und Landgraf F29 (LMKU Radio)
1957/58 GRUNDIG Zauberspiegel 348, LMKU Radio
1956/57 TONFUNK Bildjuwel UKW (nur UKW Radio)
1956/58 METZ 952 (UKW Radio) weitere des
Herstellers auch mit LMKU
Wartungs- und Reparaturanleitung zum WSW Radio-Kurier, Sammlung Scheida. Erworben Radioflohmarkt Breitenfurt Frühjahr 2025
Digitalarchiv Scheida
Angebote auf OnlinePlattformen wie Willhaben.at
Diverse Einträge auf Radiomuseum.org
https://geniswebsite.org/BLOG/Siemens-Halske_WSW_SIEMENS.pdf, abgerufen am 18.4.2025
Suchbegriffe:
Siemens WSW Radio-Kurier FSR 840, Radio-TV Kombitischgerät,©
Textzusammenstellung 4/2025; W. Scheida/Wien Medienhistoriker, zu www.scheida.at gehörendLetzte Überarbeitung: 18.04.25