Firmengeschichte STUZZI  –

Aufstieg und Niedergang eines österreichischen Paradeunternehmens

Eine kurze Buchvorstellung und etwas mehr

RKF Prof. Viktor Stuzzi Buch

Bild: Stuzzi Buchumschlag (© Fritz Czapek/Redaktion Radiobote)


 

Einleitung:

Als ob er als Herausgeber (im Verein Freunde der Mittelwelle) und Redakteur des (Österreichischen) >Radioboten<, seiner Autorenarbeit darin und der Organisation von zwei erfolgreichen Radiofachflohmärkten pro Jahr nicht schon genug zu tun hätte, hat unser mittlerweile verstorbener Sammlerkollege Fritz Czapek noch einen draufgesetzt:

Rechtzeitig zum sich jährenden 95. Geburtstag (1919-1996) des österreichischen Erfinders, Tüftlers und Unternehmers Herrn Professor Ing. Viktor Stuzzi erschien das 104 Seiten starke Buch zur Firmengeschichte als Chronik für das interessierte Fachpublikum.

STUZZI, auch unter "RKF Erzeugnis" - für Radio, Kino und Fernsehen stehend war sein Markenzeichen. Fernsehen selbst war jedoch dann aber eine Nummer zu groß und sind uns aus diesem Umfeld keine Entwicklungen je bekannt geworden.

 

So konnte Herr Czapek nicht nur seine eigenen Erinnerungen die er als Saisonmitarbeiter gesammelt hatte einbauen, sondern auch einige Zeitzeugenberichte ehemaliger Mitarbeiter die noch "aus dem Nähkästchen" plaudern konnten und wollten.

Hinzu kommen Illustrationen und Abdrucke aus den einstigen Fachzeitschriften in denen Stuzzi mit seinen Erzeugnissen stets omnipräsent war und so kaum einem ernsthaften Amateur verborgen geblieben sein konnte. Bei anderen Herstellen verlangte man noch nach einem Tonbandgerät, vielleicht noch nach einer klingenden Wortmarke wie etwa nach einem "Magnetophon" (Geschützter Markenname von AEG-Telefunken).

Bei Stuzzi Tonbandgeräten hingegen gleich ein "STUZZI", und jeder wusste was gemeint war. 

RKF Stuzzi Autooszillator  RKF Stuzzi Werbeanzeige 1946

Bild: Die ersten Anfänge noch unter RKF firmierend - Die Autooszillatoren zum einfacheren Abgleich von Radios [2]. Rechts eine zeitgenössische Werbeschaltung von RKF. Man beachte das etwas außergewöhnliche Logo das u.a. mit der Schwingkreisdarstellung so manchem anderen der Branche - siehe am Beispiel MINERVA gleicht! [3]

 

 

RKF Stuzzi 1945 Radiobauplan

Bild: Noch früher in der Zeit, hier im Beispiel nachgewiesen vom 29.10.1945 verdingte sich Ing. Stuzzi mit Bauanleitungen für Bastler, die "mit einem Stanitzel voller Bauteile" zu ihm bzw. in die Redaktion kamen und um wenig Geld eine Bauanleitung erhielten um die Bauteile bestmöglich für den Selbstbau eines einfachen (Not-) Radios verwenden zu können [2].

Hier im Beispiel die schon reproduzierbare Anleitung für einen drei Röhren Geradeaus Netzempfänger mit den damals vielfach vorhandenen Typ RV12P2000 Wehrmachtspentoden.

Üblicherweise diente dazu eine davon als Gleichrichter geschaltet. Eine als Audio und eine als NF Verstärker was als letztlich bescheidene Gesamtleistung gelten darf. Ein Radio basierend auf dieser Art der Beschaltung gab es 1947 (!) dann als Kapsch Mucki (1) kommerziell zu kaufen.

An diesem Punkt kommt auch der Mentor und wohl väterlicher Freund von Prof. Stuzzi ins Spiel, der bei KAPSCH der technische Mastermind war und eben diesen Radio entwickelte, Herrn Ing. Josip Sliskovic.

Was nicht im Buch steht, sondern in [4] nachgeforscht werden kann, das war der Spitzname den Herr Stuzzi, wie er sagte als sein Lieblingsschüler, von ihm bekam: "Pipsi".....

 

Wie uns Werbeschaltungen in der Fachliteratur belegen, expandierte STUZZI und benötigte mehr Platz.

Bild: Werbeschaltung zur Übersiedelung in die Stättermayergasse 30, Wien 15, gemäß Öst. Radioschau Heft 7/1956


 

Das Buch:

Der Leser bekommt eine kurzweilige übersichtliche Zusammenstellung einerseits einer Beschreibung des Menschen, des Lebenswerkes von Prof. Stuzzi, und gleichsam eine Gesamtübersicht aller bekannten RKF/Stuzzi Erzeugnisse, vornehmlich waren das die Heimtonbandgeräte und später die Bürodiktiergeräte, einschließlich einzelner Prototypen und Exportgeräte geboten.

Der geneigte Leser wird auf einer Zeitreise von den Anfängen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren, den prosperierenden Aufstieg des Unternehmens mit laufender Expansion an Mitarbeitern, der erhöhten Fertigungstiefe und der Vergrößerung der Produktionsstandorte in den 1950er und 1960er Jahren noch im Wiener Stadtbereich gelegen bis hin zum langsamen Abstieg aufgrund von Marktsättigung bei zeitgleich starker (fernöstlicher) Konkurrenz ab den 1970er Jahren bis zum bitteren Ende 1991 geführt.

So versprach die Fachkompetenz des Firmenchefs und die flexible Größe des mittelständischen Unternehmens vielfach, die Nase in den Entwicklungen vorne zu haben. Und während der Wettbewerb noch Produktinnovationen ankündigte, hatte Stuzzi sie schon praktisch umgesetzt und in den Verkauf gebracht #1.

Seine Patentanmeldungen werden angeführt, und belegen so das was Herr Stuzzi selbst zu Hause in seinem Heimlabor unweit Wiens gelegen noch so ersonnen hat.

So bleibt Stuzzi ein Paradebeispiel dafür, wie auf Basis einer soliden Ausbildung (HTL-Ingenieur Fachschule & der fördernd wirkenden Kapsch Spitzenkraft Herrn Ing. Josef Sliskovič) auch oder gerade in turbulenten Zeiten ein Erfolg werden konnte.

Letztlich teilt der Mensch Prof. Stuzzi wie auch seine Firma aber das Schicksal der meisten anderen österreichischen (EUMIG, Radione, Minerva usw.) wie auch anderer mitteleuropäischen Unterhaltungsgerätehersteller (Grundig, Saba, Nordmende usw.), die allesamt der Übermacht und Produktschwemme aus dem Ausland nicht Paroli bieten konnten und so nach und nach vom Markt und damit aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwanden.

Inwieweit das „nur“ in der Wahl der Produktpalette gelegen hat oder auch organisatorische Versäumnisse und Führungsschwächen mitverantwortlich werden in dem Buch ebenso angedeutet.


 

Fazit:

Ein Pflichtwerk für den an der österreichischen (Nachkriegs-)Radiogeschichte interessierten Sammler.


 

Offene Punkte:

Was er/sie sich noch von einer möglichen zweiten Auflage (Die erste Auflage mit nur 100 Stück wird bald vergriffen sein) noch wünschen darf:

Einfach von allem mehr:

Ersteres kann vielleicht mit der Textübernahme der Zeitzeugenberichte aus dem Archiv der Österreichischen Mediathek „Produktion bei der Firma "Stuzzi" in den 1950er-Jahren [Ausschnitt]“ noch ein wenig erfüllt werden.

Für weiteres hat aber vielleicht erst jetzt der eine oder andere Sammler wieder in Erinnerung welche RKF/Stuzzi Schätze in Form von persönlichen Erinnerungen oder seltenem Schriftgut er noch zu Hause verstauben hat und stellt diese nun einer öffentlichen Nutzung gerne zur Verfügung.


 

Bezug:

Das Büchlein ist zu beziehen direkt beim Autor Herrn Fritz Czapek (Siehe RM.org Mitgliederliste) zum Preis von € 16,-.

Siehe nunmehr beim österreichische "Radiobote" als mögliche Bezugsquelle!


 

Anmerkung:

Der Autor dieser Zeilen selbst hatte etwa um 1994 die einmalige Gelegenheit Herrn Professor Stuzzi im Rahmen einer Veranstaltung des Wiener Phonomuseums in der Mollardgasse 8, Wien VI noch persönlich zu treffen, und nebst dem Lauschen seiner Erzählungen auch ein Autogramm am Sonderheft des ITM-Praktikers (Öst. Fachzeitschrift) mit seinem Bild darauf bekommen zu haben. (Letzteres wird natürlich in ehren gehalten).

Dort erzählte Prof. Stuzzi unter anderem von:

#1: …Wonach er auf Verkaufstour bei einem Händler war, der ihm erklärte nichts zu kaufen weil Philips in kürze ein Heimtonbandgerät mit zwei Bandgeschwindigkeiten herausbringen werde. Im Labor zurückgekommen realisierte Prof. Stuzzi kurzerhand das was angeblich die Konkurrenz bald haben werde und war damit einmal mehr schneller…

#2: …er einen ehemaligen Philips Techniker für die Chassisfertigung „einkaufte“ der aber gewohnt war Großserien zu planen und zu konzipieren. Die aufwendige Fertigung der (Druckguß?) Chassis wurde so aufgrund der bescheideneren Stückzahlen bei Stuzzi für selbigen ein finanzielles Fiasko….

#3:…den Planierraupen, die in Ungarn aus zolltechnischen Gründen alles dem Erdboden gleich machten, mit dem sinngemäß wiedergegebenen wehmütigen Nachsatz „..Ich war wohl immer mehr der Techniker und Ingenieur als ich denn der Kaufmann war…“….  

#4:...er die Motorfliegerei dazu nutzte um damit zum Segelflugplatz zu gelangen, wo er in der Thermik verweilend erst so richtig entspannen konnte...


 

Literaturnachweis und Quellen:

  1. Buch, siehe oben beschrieben
  2. Digitalarchiv Scheida
  3. Radio-Rundschau, 1. Jahrgang, September 1946, Nummer 6, Messenummer, abgerufen am 9.10.2022 auf https://nonstopsystems.com › radio
  4. Ing. Josip Sliskovic (1902- 1984) ein österreichischer Radiopionier der ersten Stunde Publikationen von 1924 – 1946 zusammengestellt und herausgegeben von Franz Pichler (Band I). Artikel: Zur Sonderausstellung im Technischen Museum Wien, E&W 12/1988; S.20
  5. Österreichische Radioschau Heft 7/1956 zu Stuzzi Übersiedlung

 

Lesetipps:

  1. Ein Selbstbau Notradio der Stunde Null
  2. Eine kommerziell gebaute Kleinserie in der Nachkriegszeit - Der MS-Rotpunkt U448

 

© Wolfgang Scheida / Wien, 9/2014, Letzter Nachtrag 8/2023

(An einem möglichen Verkaufserlös natürlich NICHT beteiligt)

 zu www.scheida.at/scheida/televisionen.htm gehörend

Letzte Überarbeitung: 16.08.23