Aus der beliebten Reihe:

Die Geschichte des FERNSEHEN's in der UdSSR / Russland

 Der 1949er Moskvich T1 Fernsehapparat aus Russland UdssR

Der Fernsehempfänger Moskwitsch T-1 „Москвич Т-1“

 

EINLEITUNG:

Für den Empfang der Sendungen aus dem neuen Moskauer Fernsehstudio МТЦ in der Schabolowka Strasse Nr. 53 (Шаболовка 53) an dessen Gebäude unmittelbar der markante runde Sendeturm steht, sind ab dem März 1937 verschiedene Geräte eingesetzt worden.

Den Beginn machten Amerikanische Fernsehgeräte der RCA, die im Rahmen eines zwei Millionen Dollar Vertrages zwischen der RCA und der sowjetischen Regierung Bestandteil der Lieferungen waren.

Es handelte sich dabei um den TK-1 aus den Leningrader Kozitzky Werken. Eine  adaptierte RCA RR-359 Type, die für die damalige RCA-US 343 Zeilen/60 Hz Norm mit Zeilensprungverfahren geschaffen wurde und nun für die UdSSR und dem dort vorhandenen europäischen 50 Hz Netz wie auch dem daraus folgenden Bildwechsel Standard angepasst wurden. 

Genannt werden 1.000 hergestellte Geräte.

Im Anschluss folgten in den Jahren 1938 bis 1941 Lizenzgeräte wie der vom russischen Emigranten und RCA Mitarbeiter Vladimir Zworykin (dem Vater des Ikonoskops) entworfene 17TH-1 der mit bekannten gehäusetechnischen Abwandlungen zum 17TH-2 und 17TH-3 sowie 23TH-1 mutierte, die in einer Stückzahl von 2.000 Geräten gefertigt worden sind.

Dieses Gerät konnte auch die progressiv abgetasteten 240 Zeilen Sendungen aus Leningrad darstellen.

Auffällig ist, das für diesen Abschnitt der Vorkriegszeit verhältnismäßig hohe Stückzahlen genannt werden.

Eine mögliche reine sowjetische Propaganda kann leider noch nicht ausreichend mit realen Zahlen verglichen werden. Einige Quellen sprechen sogar von einer reinen „Russifizierung“ der Amerikanischen Gerätelieferungen ohne wesentlicher eigenen Wertschöpfung.

Jedenfalls boten diese Geräte die Möglichkeit die mit 7. Mai 1945 offiziell wiederaufgenommenen Nachkriegs Fernsehsendungen aus Moskau zu verfolgen. Gerade rechtzeitig also zum Auftakt der darauf folgenden großen Feier zum Sieg über Deutschland.

Eine weitere Konstruktion stellte 1946 die Entwicklung und der Bau des Moskwitsch T-1 Fernsehers dar, als dessen Konstrukteur u.a. E.H. Genischta  „Е.Н. Геништа“ aufscheint.

Es soll sich jedoch auch hier lediglich um eine Weiterentwicklung eines Amerikanischen Vorkriegsempfängers handeln dessen geplante Serienfertigung aufgrund des Kriegsausbruchs 1941 nicht mehr anlief.

Um was für eine Type es sich dabei handeln könnte ist (noch) nicht bekannt. 

Hergestellt wurden 1.500 Stück, wovon der erste Teil die 343 Zeilen Ausführung und der zweite Teil bereits die 625 Zeilen Variante betraf welche bereits 1944 als zukünftiger Standard angedacht worden war.

Allgemein:

Das hochgestellte Modell beinhaltet 2 mechanisch getrennte Chassis die insgesamt 4 unterteilte Baugruppen tragen.

Äußerlich erkennbar an der hochgesetzten Bildröhre mit den oben angeordneten Bildeinstellorganen, während der Empfangsteil mit einer mittig orientierten Bandskala im unteren Teil des Gerätes angeordnet ist.

Die Namensgebung:

Alias Moskaus Sohn, Televisor-1 bzw. Typ 1.

Moskwitsch im Namen bzw. in der Bezeichnung hatten in der UdSSR vom später bekannten Auto, über Radios, Rasierapparate und Gemeinschaftslautsprecher so gut wie alle Gerätschaften die in Moskau gefertigt wurden.

Die Technik:

Auffällig auch hier die Verwendung einer Rundbildröhrentype 18LK15 wobei die 18 für den Durchmesser in cm steht. Vergleiche mit dem KVN-49

Der Abstimmblock mit Videoteil fällt durch den Einsatz eines besonderen Vierfachfachdrehkondensators auf, der je nach Verwendung für Radio- oder TV Betrieb in unterschiedlichem Umfang eingesetzt wird:

Hier sind die Schaltpläne mit den ersichtlichen Baugruppen:

 

   Moskwitsch T1 Televisor Fernsehapparat Schaltung

Bilder: Schaltpläne zum Mitlesen der nachstehenden Beschreibung

Die Schaltung im Detail:

Das Netzteil:   

Die unterste Baugruppe beinhaltet das Netzteil. Im Unterschied zu westeuropäischen Geräten sind in der UdSSR gefertigte TV's wie in den USA allesamt für Wechselstromspeisung mit einem Transformatornetzteil versehen. Hier werden über den Zweiweggleichrichter L15 eine Arbeitsgleichspannung von 250 Volt sowie die Heizspannungen einmal für die Chassis und der Bildröhre bereitgestellt.

Aus einer Sekundärspannung des Haupttransformators wird über einen 2. Transformator mit nachgeschaltetem Einweggleichrichter L14 die Beschleunigungsspannung der Bildröhre erzeugt.

Je nach Art der Gerätebenützung – TV, Radio oder externe Plattenspielerwiedergabe werden die Betriebsspannungen der einzelnen Baugruppen zu- bzw. abgeschaltet.

Der TV Betrieb:

Der auf 49,75 MHz (Bildträger) abgestimmte Vorkreis speist eine Vorstufenpentode L7 auf deren Gitter 1 über einen im Netzteil befindlichen Kontrastregler die Höhe der Gesamtverstärkung und damit der Videoamplitude gesteuert wird.  Der Anodenkreis ist auf 52 MHz abgestimmt und gibt das Signal gemeinsam mit der 63,75 MHz Oszillatorfrequenz die von der Triode L13? erzeugt wird in additiver Mischung an das Gitter1 der ersten ZF Verstärker Pentode L8.

Der Oszillator kann mit einem Paket des Drehkondensators nachgestellt werden, was wie später beschrieben im wesentlichen für den Abstimmung auf den Tonträger relevant schien.

Der 3 stufige ZF Verstärker mit den Röhren L8, 9 und 10 hat die Abgleichfrequenzen 11; 12,5 und 14 MHz die einen 3 MHz Passband darstellen was bei Einseitenbandmodulation mit unterdrückten Restträger annähernd der gleich hohen Videobandbreite entspricht. 

Ein System einer Duodiode L11 übernimmt die Gleichrichtung und gibt das Signal an die Videoendstufenpentode L12 weiter dessen Anodenkreis wiederum direkt an die Kathode der Bildröhre L21 angeschlossen ist. 

Automatische Mittelwertregelungen oder gar getastete Regelschaltungen für den Vorkreis und ZF Verstärker sind nicht vorhanden.

Der TV Ton:

Am Gitter 2 des ersten ZF Verstärkers L8 wird der Tonträger mit einer 7,5 MHz ZF ausgekoppelt und an einen 3 stufigen periodischen ZF Verstärker L1 und 2 mit Begrenzer L3 geführt.

Ein Verhältnisdiskriminator demoduliert die FM mit einer Duodiode L4. Über eine einfache 2 stufige Tonblende über dessen 4x2 Stufenschalter wahlweise auch der externe Plattenspielereingang zugeschaltet werden kann gelangt die NF an das Lautstärkenpotentiometer und in Folge auf die Audiovorstufe L5 und der Endstufenröhre L6.

Die Abstimmhilfe:

Interessant ist die akustische Abstimmhilfe die eine exakte Einstellung des Tonträgers ermöglicht.

Durch Drücken des Abstimmknopfes wird eine Glimmentladungslampe in den FM-Diskriminatorkreis geschaltet deren ständigen Lade-/Entladevorgänge in Verbindung mit der periphären Schaltung für einen Summton im Lautsprecher sorgen.

Der Ton ist dann am stärksten zu Vernehmen wenn der abzustimmende Tonträger sich mit der 7,5 MHz ZF mittig deckt.

Der Radio Betrieb:

Die Vorstufenröhre L1 wird jetzt mit fester Gittervorspannung und damit nicht regelbarer Verstärkung betrieben. Nun sind alle 4 Drehkondensatorpakete jeweils Parallel den bereits auch im TV Betrieb eingesetzten Kreisen zugeschaltet:

Damit verschiebt sich das Frequenzband von ~49-52 MHz auf ~45-47 MHz wo die erste/n Moskauer UKW Radio Station/en lagen. (Vergleiche Vorkriegs UKW in den USA)  

Die TV Ablenkstufen:    

Vertikal:

Das an der Kathode stehende Videosignal gelangt parallel an die Impulstrennstufen Doppeltriodenröhre L16. Nach einer Integratorschaltung wie aus dem Lehrbuch bildet die Triode L19 einen Sperrschwinger der die Endröhre L20 ansteuert.

Als Besonderheit sei hier auf die aus dem Deutschen E1 bekannte magnetische Vertikalmagnetfeldübertragung durch besondere Bauform und Anordnung des Vertikalablenktransformators verwiesen, welche eine Verwendung von herkömmlichen vertikalen Ablenkspulen überflüssig macht. 

Einstellorgane für Vertikalfrequenz/Bildfang, Bildstand und Bildhöhe ergänzen diese Stufe.

Horizontal:

Zu dieser Zeit noch üblich finden wir noch keine Phasenvergleichsschaltung sondern ident wie im Vertikalteil einen einfachen Sperrschwinger für die Horizontalansteuerung der L17 Röhre.

Auffällig die Boosterdiode – eine direktgeheizte Zweiweggleichrichter Diode L18 die mit einem EIGENEN Transformator geheizt wird.

Warum man nicht auch die Hochspannung aus dem Zeilenrückschlagimpuls gewonnen hat bleibt unbekannt.

Vielleicht eine Frage der Leistungsbilanz (25 Watt Pentode)?

Auch hier runden diverse Einstellorgane für Zeilenfrequenz oder dem Horizontalen Bildstand die Schaltung ab.

Sonstiges:

Schlusswort:

Die sowjetische Vorliebe für Radio-/TV Kombigeräte kann bereits hier abgelesen werden. 

Beim Studium der Schaltung erkennt man, dass noch keine für Fernsehen geeigneten Röhren zur Verfügung standen, was Kunstgriffe durch den Einsatz von viel Eisen = Transformatoren erforderlich machte.

Selbst eine einheitliche Heizspannung gibt es nicht, so das in Summe 7(!) verschiedene Heizkreise geschaffen wurden, wobei sogar die Bildröhrenheizspannung selbst auf das 250V= Anodenspannungspotential addiert wird um Überschläge der Kathode auf tiefes Heizkreispotential zu verhindern. 

Der Verzicht auf die Nutzung der Hochspannungserzeugung aus dem Zeilentrafo scheint ebenfalls auf (noch) nicht passende Röhren hinzudeuten.

Das Fehlen von automatischen Regelschaltungen für die Verstärkung lässt auf eine Verwendung nur im zum Namen passenden Umkreis von Moskau schließen, was Tests aus 1948 innerhalb eines 30 km Radius auch bestätigen.

Auffallend ist das frühe Bekenntnis jener Zeit (seit 1941) zu UKW und FM was es sonst nur in den USA gab.

Gleichzeitig war diese Technik ein Einstieg ins das sowjetische Fernsehen, das auch noch 1953 soweit aktuell war um für Nachbauamateure zu dienen.

Siehe das Buch nachstehend:

Sowjetische Amateur Selbstbau Fernsehgeräte

Bild: Buch aus Lettland Riga, 1953 Amateur Television Apparate von V. Sutjagins Latvian State Edition

 

   Das Moskwitch T 1 Datenblatt:

Typ: Fernsehempfänger nach dem Superhet Prinzip

Konstruiert für die Moskauer Vorkriegs Norm die mit Unterbrechung bis 1948 in Verwendung stand:

343 Zeilen/ 50 Halbbilder;  Bildträger 49,75 MHz – AM Tonträger 52 MHz

Videobandbreite ~1,5 MHz;   Bei angenommenen 4:3 Format/ 315 aktive Zeilen

Horizontaloszillator: 8.575 Hz

Spätere 625 Zeilen Variante:

Für Bildträger 49,75 MHz – FM Tonträger 56,25 MHz

Bild ZF: 14 MHz, Ton ZF: 7,5 MHz,   Oszillator Frequenz 63,75 MHz

3 stufiger Video ZF Verstärker mit 3 MHz Bandbreite

6,5 MHz Ton-Bildträger Abstand mit FM Ton verarbeitet im Paralleltonverfahren;

Horizontaloszillator: 15.625 Hz

Akustische Abstimmhilfe auf den Tonsender

 

Umschaltmöglichkeit auf nur Radio der UKW – FM Station(en) im Bereich 45-47 MHz mit Kondensatorabstimmung.

Wechselstromspeisung 110, 127 und 220 Volt,

21 Röhren; magnetisch abgelenkte Rundbildröhre 18lk15; Sichtfeld 130 x 100mm;

Darstellung in Bildröhrenmitte bis zu 400 Linien;

BHT: 350 x 560 x 405mm;  Gewicht:  33 Kg

Eingangsempfindlichkeit: Bild: 500 µV; Audio 400 µV, 75 Ohm Koaxialeingang

Eingang für Plattenspieler/Grammophon sowie 3 fach Tonblende

 

 

© W. Scheida im Juli 2006  gehörend zu www.scheida.at/scheida/televisionen.htm

Updated:    21.06.2022