Eugen Goldschmied, ein Radiohändler aus Wien und seine Geschichte

  Faszinierend, das wir gut 100 Jahre später in sein Radio-Amateur Schaufenster blicken können. Aus "die Stunde vom 20. November 1925

  Bild: Faszinierend, das wir gut 100 Jahre später in sein Radio-Amateur Schaufenster blicken können. Aus "die Stunde vom 20. November 1925. Man beachte auch die Corporate Identity mit dem gestalteten EG Logo

Der Radiohändler Eugen Goldschmied, *6.10.1890 (auch 6.11.1890 in Szombathely Ungarn), verheiratet, bis in das 64. Lebensjahr dem 16.11.1954, war ein sehr präsenter Unternehmer, der sowohl in der Zwischen- wie auch der Nachkriegszeit im "Radioviertel" an der einstigen "Radiomeile" der Wiener Mariahilferstraße und seiner Seitengasse der Neubaugasse 3 & 19 sein Geschäft betrieb.

Zeitungsportait um 1931/32 von Eugen Goldschmied im Zusammenhang seiner Verhaftung

Bild: Zeitungsportrait um 1931/32 von Eugen Goldschmied im Zusammenhang mit seiner Verhaftung

Zur möglichen Militärzeit:

Die Verlustlisten des 1. Weltkrieges weisen einen Eugen Goldschmied (passend zur Militärpflicht udn dem Alter), wir wollen annehmen es handelt sich um diesen, mit 31.8.1915 als verwundet aus.

Dies als Kadett i.d.Reserve, im Infanterieregíment 21, 10 K.

Der Pester Lloyd vom 21. August 1916 führt ihn im Rahmen der Augustbeförderung in einer langen Liste "Der König hat ernannt zu Leutnants i.d. Reserve.

Mit 24. März 1917 führt das Grazer Tagesblatt für Eugen Goldschmied die kaiserliche belobende Anerkennung mit den Schwertern an.

Familäre internas in den Zeitungen:

Das >Illustrierte Wiener Extrablatt< vom 4. Juni 1922 schildert mehr als ausführlich "Eine rätselhafte Ehebruchsaffaire" an, in die Eugen Goldschmieds Frau Erna mit Wohnungsnachbarn verwickelt war. Von einem Lokal das nur unter großen Anstrengungen und Opfern zu mieten gelingen könne war dabei die Rede. Aber auch von Anzeigen wegen Veruntreuung sowie Treffen im Cafe Mariahilf.

Am 22. Juni 1922 folgte die >Illustrierte Kronen Zeitung< mit dem Titel "Die Leidensgeschichte eines Hausfreundes" zum Thema. Goldschmied kommt dabei als der "dem Hörner aufgesetzt wurden" nicht gerade gut weg. Von drei Kindern war die Rede. Und einer "etwas problematischen" Frau.

Es ist aber umgekehrt vielleicht die Ablaufschilderung zum wirtschaftlich, sozialen Aufstieg von Goldschmied.

Das Geschäftliche:

 

Begonnen hatte er 1924, also in dem Jahr als es in Österreich erstmals offiziell mit dem Thema Radio losging. Siehe auch der Artikel zu 100 Jahre Radio des Autors.

Davor war er gemäß Wiener Zeitung als verschuldeter Händler mit Ledergalanteriewaren im Ausgleich der am 29. August 1924 abgeschlossen war und er sich in Folge gewissermaßen mit dem Thema Radio neu erfand.

Die "Neue freie Presse" beschreibt ihn 1931 wie folgt:

"Eugen Goldschmied ist in Fachkreisen eine wohlbekannte Figur. Er betrieb früher das Geschäft "Zum Radioamateur« im Hause Neubaugasse 19. Vor einiger Zeit richtete er ein zweites modern eingerichtetes Geschäft in der Neubaugasse 3 ein, verkaufte hier allerdings nicht nur seine Radioartikel sondern räumte auch Firmen anderer Branchen Verkaufsmöglichkeiten in seinem Lokal ein.

Mit seiner zuständigen Berufsorganisation, dem Verband der Radiohändler Österreichs, ist Goldschmied wiederholt in Konflikte geraten, da er die von dieser Zentralstelle herausgebenene Mindestpreise unterboten hat.

Einige Male wurden Konventionalstrafen über Goldschmied verhängt, der schließlich aus dem Verband ausgetreten ist. Durch sein Vorgehen hat er sich begreiflicherweise manche Gegner unter seinen Branchenkollegen und Konkurrenten geschaffen.

Doch wird übereinstimmend festgestellt, daß Goldschmied sich immer als rühriger, einfallsreicher und großzügiger Kaufmann erwiesen hat."

 

EINLEITUNG:

"Kriminelle - Alte Fälle"* Über damals aufsehenerregende Kriminalfälle der Zwischenkriegszeit rund um das Thema Funk und Radio.

Sowie die Vorfälle und der Umgang mit Enteignungen und Rückstellungen im Zusammenhang der rassistischen NS Verfolgungen von österreichs Radioleuten ab 1938.

Siehe dazu auch die bereits veröffentlichten Beiträge des Autors zu

 *>Kriminelle - Alte Fälle< war im ORF Fernsehen der ausgehenden 1980er Jahre ein Intro das meist spätnachts vor entsprechenden Filmen zur passenden Einstimmung der Zuseher ausgestrahlt wurde und dem Autor als nachhaltiges Wortspiel in Erinnerung blieb.

 

Inhalt:

  1. Einleitung

  2. Militärzeit

  3. Familäres

  4. Der große Radioskandal 1931

  5. Drahtgebundenes NF Radio

  6. Zentrale Vermittlungsstellen

  7. Die Nachkriegszeit - Restitution

  8. Zum inneren Wert der Neubaugasse in Wien

  9. Quellen und Literaturnachweise

  10. Weitere Lesetipps des Autors

Das Unternehmen Eugen Goldschmied

Werbewirksam sprach Goldschmied die Radio Amateure an. Ein damals absolut positiv besetzter Begriff.

Werbung mit Warenangebot 1925

Werbung mit dem Warenangebot 1925. Der Preis entscheidet.

Ebenso führte er als augenscheinliche Eigenprodukte "Erzeugung von Lampenapparaten mit Bauerlaubnis TELEFUNKEN an (Radiowelt 1925).

Als Generalvertrieb bewarb er den "Aurovox" Low-Loss-Drehkondensator (Radiowelt 1925)

Werbeschaltung aus "Der Morgen, Wiener Montagsblatt vom 17. Oktober 1927. War es eine Montagsmeldung, oder gar das was man unter dem einst jüdischen Begriff Chuzpe bezeichnet? Eine Mischung aus zielgerichteter, intelligenter Unverschämtheit, charmanter Penetranz und unwiderstehlicher Dreistigkeit, wobei eine gewisse Anerkennung mitschwingt?

Die Aussage, er würde nicht mehr beliefert, hätte aber soviel Ware, dass er die Nachfrage gar nicht mehr bewältigen kann. Dazu passt wie immer der Ausspruch, jeder Kramer lobt seine Ware sowie wer raunzt, der Verkauft.

Zu der bekannten Adresse in der Neubaugasse 19 kamen noch die Filialen in Wien 17, Hauptstraße 31 sowie Thaliastraße 13 in Wien 16, beides damalige Arbeiterbezirke hinzu.

Weiter ging es mit superlativen, wonach die starke Nachfrage nicht nur die Erweiterung der Räumlichkeiten, sondern gar einer eigenen Wache bedurfte gemäß "Die Stunde", vom 11. Jänner 1929.

 

Das Kino Journal, 21. September 1929 zu den Kino-Kraftverstärkern

Werbeschaltung im "Das Kino Journal",vom  21. September 1929 zu den Kino-Kraftverstärkern

Zumindest Ankündigungen für ein soziales Engagement finden wir 1930 in XXX

 

Der große Radioskandal - die Verhaftung, betitelte die "Freiheit!" vom Mittwoch, 23. Dezember 1931.

Indiskretionen bzw. Selbstanzeigen lösten wie es hieß einen Skandal aus, der u.a. auch zur Verhaftung des Radiohändlers Eugen Goldschmied führte, der seinerzeit über sein eigenes geschäftliches Engagement hinaus auch im Verband der Wiener Radiohändler eine leitende Stelle bekleidete.

Für uns heute 2025 durchaus von Interesse wird sein, dass es seinerzeit zwei Konkurrenzgruppen zum wirtschaftlich begehrten Thema der Radiotechnik gab.

Der dreitägige Prozess beinhaltete noch viele weitere Possen bis hin zu Morddrohungen, die wir hier aber zur Wahrung einer Übersicht nicht anführen werden. 

Zwei rivalisierende Gruppen im österreichischen Radiogeschäft

Die eine davon war der amerikanischen Firma Standard-Elektrik verbunden zu denen u.a. die Firmen Öst. Telephonfabriks AG, vormals Berliner sowie Czeija und Nissel angehörten. Firmen die wie so manch großer der Radiobranche urspünglich aus dem Telegrafen- und Telefonbau kamen.

STANDARD besaß zudem ein großes Paket an Berliner-Aktien.

Ein falscher Hase im Spiel?

Die Firma Berliner wiederum unterhielt enge Geschäftsbeziehungen mit Goldschmied, woraus sich für ihn ein gewisses Interesse an der Einrichtung der neuen "Vermittlungsstellen" ergab (Neue freie Presse, vom 23.12.1931).

Goldschmied, der in seiner Handelskammersektion wenn auch nicht unumstritten, als Händler am weiteren Verkauf von allen Arten von Radios und bestandteilen interessiert gewesen sein müsste.

Die andere eher lose Interessensgruppe umfasste wiederum die uns geläufigeren Namen wie eben SCHRACK, EUMIG, ELZ (INGELEN), HORNY (HORNYPHON), KAPSCH usw.

Das Projekt:

Das Ziel der STANDARD war es eine Konzession für sogenannte "Radiovermittlungszentralen" zu erlangen wofür auch bei den entsprechenden Entscheidungsträgern im Amt entsprechend interveniert wurde.

Was bisher etwas in der Darstellung "unterging" ist der Umstand, wonach STANDARD mit der Öst. Radio Verkehrs AG also der RAVAG zusammen, dieses dann auch als Endgerätemonopol in Ergänzung zum Sendemonopol aufbauen wollte.

Eine Million Dollar wollte STANDARD in Österreich investieren, die RAVAG zusätzliche zahlende neue Teilnehmer gewinnen und in Folge die Teilnehmergebühren ermäßigen.

Mehr zahlendende Teilnehmer und geringere Gebühren? Da kennen wir doch ein Déjà-vu im Jahr 2024/25 mit dem ORF. 

So hieß es:

 Die Staatsanwaltschaft erzählt in ihrer Anklageschrift, daß am 28. Oktober 1931 bei der Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung ein Gesuch der Öst. Radioverkehrs A.G. (RAVAG) und der International Standard Electric Corporation in New York wegen Erteilung der ausschließlichen Konzession für die Errichtung von Radioempfangsanlagen mit drahtlicher Übertragung des Rundspruches an Teilnehmer einlangte.
Dieses Gesuch, das bei der Radioindustrie und bei den Händlern die größte Beunruhigung hervorrief, wurde der Abteilung 9 der Generalpostdirektion zur Behandlung überwiesen.
....
Vertreter der Radioindustrie und der Händlerschaft sprachen nun wiederholt beim Generalpostdirektor vor und suchten die Erteilung der Konzession zu Hintertreiben, von der sie eine Schädigung ihrer geschäftlichen Interessen befürchteten.
Und gerade im Dezember vor dem Weihnachtsgeschäft 1931 wurden diese Vorsprachen immer dringlicher, da man befürchtete, daß sich die Käufer angesichts dieser Neuerungen bei Anschaffung von Radioartikeln zurückhalten würden.
Ohne Frage hätte auch die Monopolisierung der Apparateerzeugung zugunsten der Standard Electric die österreichische Radioindustrie und die Händlerschaft völlig zugrunde gerichtet.
Hohe Interessen standen also auf dem Spiel.


Eine Anzeige wird erstattet. .....
Diese aufsehenerregende Anzeige war unterschrieben von Wolfgang Klimburg als Vertreter der Radiowerke E. Schrack A. E., von Wilhelm Modley als Vertreter der Firma Johann Kremenezky, von Karl Parel als Vertreter der Firma Kapsch & Söhne A.G., von Karl Vockenhuber für die Firma Eumig, von Ernst Singer für Ingelen.


In dieser Anzeige wird berichtet, daß die Radioindustrie wegen der befürchteten Konzessionserteilung an die Standard Electric auch mit dem Radiohändler Eugen Goldschmied Fühlung genommen hat.

Klarstellung zu den Radioverkehrszentralen, dem RADIO OHNE Apparat:

Es wollte also die RAVAG, die ja bereits ein Sendemonopol für den Inlands-Rundfunk an den Hörer inne hatte, nun auch eine Art drahtgebundene NF Übertragung als ein weiteres Monopol beantragen.

Der Hörerabonnent hätte seinen Kopfhörer oder Lautsprecher dann direkt an eine zur Verfügung gestellte Leitung in der Wohnung anschließen können. 

Dazu wären Radiovermittlungszentralen, also Empfangsgeräte mit entsprechender NF Verstärkung in den nächsten Postämtern, bzw. in den Häusern, bzw. den zusammenhängenden Häuserblocks aufgestellt worden und mit eigenen Telefonleitungen als eigenes Netz verteilt worden.

Die Hörerquote für Radio Wien wäre damit ungleich stark gewachsen da ja damit keine alternativen Sender mehr gehört werden könnten.

Auf ähnliche wenn auch nicht gleiche Drahtfunkradionetze (Berlin/Schweiz usw.) wie aber auch NF Rundspruchnetze wie im Ostblock bekannt, sei verwiesen. 

NF Radio in Österreich

In Österreich selbst gab es bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg in Gmunden Oberösterreich einen solches "Drahtradio" das zwar nur Radio Wien, dieses jedoch ohne Störungen übertrug was damals keineswegs selbstverständlich war.

Als Zuleitungsgebühr waren öS 120,- Schilling, zuzüglich der obligatorischen RAVAG Rundfunkhörergebühr, zuzüglich einer "kleinen" Gebühr für die Benutzung der Verteilungsstelle zu bezahlen.

Was der Hörer dann sparte, das waren Reparaturkosten aber mehr noch die damals relevanten Stromkosten (ca. 50 Wh, je Stunde) für einen Rundfunkempfänger.

In Salzburg wollte die RAVAG ab Anfang 1932 solche Einrichtungen aufbauen.

Ebenso gab es im weltgrößten zusammenhängenden Wohnbau, dem Wiener Karl Marx Hof, sowie in den Arbeiterhäusern in Steyr OÖ solche Einrichtungen.

Zumindest in letzteren beiden Fällen scheiterte das Fortbestehen, da nach der kostenlosen Probezeit kaum jemand die Separatgebühren bezahlen wollte (bzw. im Umfeld der Arbeitslosenzeit es womöglich gar nicht konnte).

Ob dieser Dienst, wäre er denn eingeführt worden tatsächlich die Mehrzahl der herkömmlichen Radiogeräte obsolet gemacht hätte darf bezweiflelt werden.

Für andere Programme denn Radio Wien wäre wieder ein normales Radiogerät erforderlich geworden.

Was schwerer wog, war, das die Lautsprecher und Verteileinrichtungen aus den USA anstelle aus Österreich gekommen wären was die hiesige Industrie sicher geschädigt hätte.

Sturm im Wasserglas?

Einerseits ja, da die Konzessionserteilung bereits einen Tag vor der Selbstanzeige der Radiogeräteindustrie, also am 15. Dezember 1931 abschlägig beschieden wurde.

Man also als weitere Motive der "Selbstanzeige" nur ein mögliches Wiedervorlegen des Themas zu einem späteren Zeitpunkt annehmen kann.

Wo schon einmal eine Zahlung von öS 15.000,-Schilling für ein "käufliches Verzögern", sprich einer Bestechlichen Winflußnahme im Raum stand.

All dies war also ein hochpolitisches Thema, was wie es scheint, und ohne hier zwangsläufig mögliche Resortiments gegenüber einem der Hauptangeklagen, dem jüdischen Eugen Goldschmied zu unterstellen, der Eindruck eines Stellvertreterkrieges bzw. das es um einen gesuchten wie gefundenen Sündenbock geht der letztlich unter Anrechnung der (12 Monate?) Untersuchungshaft gar fünf Monate einfachen Kerkers dafür ausfasste.

Goldschmied sprach sich letztlich gegen diese Konzession aus für die er ihm bekannte Sektionsräte mobilisierte. Dies wurde gegen ihm als Bestechung interpretiert und brachte ihm am Weihnachtsabend 1931 eine Haft ein wo es 14 Tage später hieß das er vollständig zusammengebrochen ist und von Weinkrämpfen geschüttelt wird.

Das bei der am 27. November 1931 stattfindenden Sitzung im Industriellenverband die Radiobauer selbst nur als nicht stimmberechtigte Gäste eingeladen waren mutet seltsam an.

 

Wäre es zu diesen Zentralen gekommen, die dann von der STANDARD ausgestattet worden wären, so führt der Artikel aus, hätte dies in Folge "zum Ruin sämtlicher anderen Radiofirmen" geführt wodurch rund 15.000 Menschen arbeitslos geworden wären.

Es darf angenommen werden, das es dann vermehrt US amerikanische Billigimporte zulasten der heimischen dann nicht mehr wettbewerbsfähigen Industrie gegeben hätte.

Mit den 15.000 in der Branche dann arbeitslosen Menschen haben wir erstmals auch eine Zahl der im damals erst wenige Jahre alten neuen Geschäftszweig um das Radio gelesen.

Wenig glaubhaft aber, da im Prozess 1932 plötzlich "nur mehr" von 4.000 dann arbeitslosen Arbeitern die Rede war.

Erst am 2. November 1932, also fast ein Jahr später kam es zur eigentlichen Hauptverhandlung worüber "Die Stunde" zu berichten wusste:

Zudem es weitere Angeklagte in der Causa mit dem "Verbrechen zum Mißbrauch der Amtsgewalt" gab, und die hinter ihnen stehenden Interessensgruppen wohl schützend auf sich selbst bedacht waren, wären sie doch Nutznießer von den jeweiligen Vereinbarungen geworden.

Diese Frage stellte sich offensichtlich nicht nur der Autor sondern auch damals schon kritische Journalisten wie hier im "Der Abend" vom Montag dem 28. Dezember 1931.

Bild: Die Frage "Was ist mit den anderen?" stellten sich offensichtlich nicht nur der Autor sondern auch damals schon kritische Journalisten wie hier im "Der Abend" vom Montag dem 28. Dezember 1931 dessen Motto "Wo es Stärkere gibt, immer auf der Seite der Schwächeren" lautete. Aktuelle Vergleiche zur österreichischen Immobilieninvestorszene 2025 tun sich da auf.

 

Die Betrachtung von der anderen Seite, dem privaten Hörer her:

Obig war von der öst. Radioindustrie und dem daran angeschlossenen freien Handel und deren Interessenswahrung die Rede.

Umgekehrt aber, wäre es wirklich zu einem großen verbilligten Angebot für den Endkunden, also dem Radiohörer geworden der sich mit einem dafür gut hörbaren Sender zufrieden gab, so hätte sich dieser mitunter nach den Jahren an der harten Detektorhörermuschel sich so erstmalig den Lautsprecherempfang leisten können.

Was aber eine (Massen-) Arbeitslosigkeit eben auch in Österreich spätestens ab 1938 bewirkte ist bekannt.

Diese auch abseits der Radioindustrie, hätte womöglich mit einer durch eine starke Inlandsnachfrage angekurbelte Wirtschaft anders aussehen können.

Was ebenso im Raum steht ist, warum nicht rein österreichische Firmen die zweifelsohne vorhandene einfache Technik angeboten und geliefert hätte was die Wertschöpfung im Land gelassen hätte?

Einerseits hätte sich stellvertretend Czeija & Nissl den eigenne Radiomarkt kanibalisiert.

Mehr aber muß angenommen werden, dass die hohen Kosten des Erstausbaues aller Anlagen amerikanisches Kapital nötig gemacht hätte.

Eine verbindliche Antwort bleibe ich schuldig.

Wie es ab 1938 mit plötzlich entstandenen Arbeitsplätzen weiterging können sie auch HIER am Beispiel des Schlossers Ferdinand KITTEL, Wien nachlesen. 

In der Schweiz, mehr noch in Großbrittannien waren Mietmodelle für Endgerte aber auch eigene Kabelnetze mit Mietempfängern bzw. Abonnements viel gebräuchlicher als in Österreich oder Deustchland.

Mit anderen Worten, höchstwahrscheinlich wäre auch in Österreich Platz für beide Geschäftsmodelle bestanden, wenngleich der (damalige) Kaufkraftabfluß in Richtung USA einen sehr schalen Beigeschmack hat,

 

Was ist eine Zentralstelle?

Auch das gehörte zum Gesamtbild der Geschichte:

Abgrenzung: Diese Zentralstelle, also Verkaufsstelle ist NICHT die oben angeführte "Rundfunkvermittlungszentrale" die technisch über Leitungen das Radioprogramm vermittelt.

Mit obiger Frage durfte sich das Handelsgericht Wien 1936 beschäftigen ("Die Stunde" 6. Sept. 1936), als eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs zwischen Eugen Goldschmied und dem ebensolchen unweit entfernt tätigen Radiokaufmann Rudolf Fleschner. Siehe meine Abhandlung über diesen Wiener Radiohändler der jedoch den Holocaust nicht überlebt hat.

So soll Fleschner den Schriftzug "Zentraleinkaufsstelle für Radioamateure und Elektriker" an seinem Geschäftsportal angebracht haben womit er direkt wieauch indirekt suggerierte das alle anderen Händler nur mehr eine Art Subhändler von ihm wären. Als Schaden werden öS 10.000,- Schilling beziffert.

Was daran rechtlich tatsächlich einen Zuspruch fand konnten wir noch nicht herausfinden.

Eine Schieflage in der freien Marktwirtschaft.

Exkurs:

"Wir" kennen dies bei uns in Österreich ab den 1980er Jahren mit dem Begriff "Holland Blumenmarkt", der eben kein freier Markt für alle Arten von Blumenhändlern aus Holland war, sondern nur eine Geschäftskette die eben ausgesuchte Waren unter dieser Bezeichnung vermarktete.

Dieses taten sie aber nach einer "handelsrechtlichen Abklärung" fortan nurmehr unter "Holland Blumen Mark" mit fehlendem "t" im Firmennamen.

 

Die Nachkriegszeit - Ein Neuanfang als Radio-Elektro-E. Goldschmied & Co.

Goldschmied & Co, Wien Portal

Das eindrucksvolle Portal, das neben dem Flotten-Kino jede Menge Laufkundschaft anwarb. Die damalige Währung für Ladenbesitzer lautete Lage, Lage, Lage und die Anzahl der Laufmeter der möglichen Schaufenster. Aus Erlaufthalbote 28. November 1953. Anklicken für die Werbeschaltung!

 

 Februar 1953. Nun als Goldschmied & Co firmierend an der neuen Adresse.

Werbeschaltung aus Februar 1953. Nun als Goldschmied & Co firmierend an der neuen Adresse.

Wie die "Radiotechnik" 2/1953 schreibt, gelang es Goldschmied 1953, nebenbei in dem Jahr der Einführung von UKW Rundfunk in Österreich

nach langwierigen Restitutionsverhandlungen, im beschönigenden neutralen Jargon bezeichnet als zurückgekommen "Bereichert um die Erfahrungen in den westlichen Ländern" sein Geschäft neu aufzubauen.

Am Puls der Zeit beweist die Werbeschaltung aus dem Wiener Kurier vom 14. September 1953 gleich mit dem neuen UKW Radios

Am Puls der Zeit beweist die Werbeschaltung aus dem Wiener Kurier vom 14. September 1953 gleich mit dem neuen UKW Radios

Von nun an an der Adresse Mariahilferstraße 85-87, die im Vergleich zur davon abgehenden Neubaugasse um das gewisse Etwas noch hochwertiger galt.

Hochwertiger jedoch in unterschiedlicher Betrachtung wie wir noch lesen werden.

Zum Verkauf und der Beratung kamen noch ein Reparaturdienst mit eigener Vertragswerkstätte hinzu.

Wiener Kurier vom 31. Mai 1954, wo man gar einer Förderaktion der Gemeinde Wien vorgriff

Werbung aus dem Wiener Kurier vom 31. Mai 1954, wo man gar einer Förderaktion der Gemeinde Wien vorgriff um schon einmal den Umsatz zu sichern.

Bei einem Branchenwechsel gab es keine Rückstellung

Dem Autor bisher nicht bekannt waren die zudem mehrfach geänderten und erweiterten Feinheiten des Rückstellungsgesetzes für unrechtmäßig enteignetes Gut in Verbindung der NS Zeit ab 1938.

So musste Eugen Goldschmied 1938 sein Lokal in der Neubaugasse 19 einem "Ariseur" überlassen, der wiederum das Lokal an den Kaufmann Karl Mayer veräußerte.

Für die Adresse Neubaugasse 17 wird mit 20.5.1938 als Firmenwortlaut Goldschmied's Nachfolger Karl Spalek, ein Kaufmann aus Brünn eingetragen. Was mit 21.10.1938 auf Radiohandel Karl Spalek geändert würde.

Da in Kriegszeiten Radioapparate rar wurden verlegte er seinen Branchenschwerpunkt auf den Verkauf von Lustern.

Sich mit diesem vermeintlichen "Branchenwechsel" vor der Rückstellung zu sichern scheiterte, da sich Mayer seinerzeit bei ansuchen um Genehmigung hierfür darauf berief das auch der Vorgänger, also Goldschmied bereits Luster verkaufen durfte.

Alles hing dabei an einem glücklicherweise erhalten gebliebenen Originalansuchen als Schriftstück. Sonst wäre wohl zu gunsten des später besitzenden Entschieden worden.

 

 

Der "innere Wert" der Neubaugasse in Wien

Etwas komplexer und realistischer für diese Fälle der Restitution, in denen der einst Enteignete noch zu Lebzeiten eine "Wiedergutmachung" und in gewissem Maß eine Reputation seines Lebenswerkes in Wien erfuhr beschreibt es die Zeitung "Neues Österreich" vom Sonntag, 8. Februar 1953.

So führt Goldschmied's Anwalt Dr. Dekara an, wonach die alte Adresse in der Neubaugasse für Radiotechnische Artikel und der zugehörigen Kundennachfrage ungleich mehr denn einem Geschäft an der Haupteinkaufsstraße "Mariahilferstraße" wert sei.

Sachverständige bestätigten diese Ansicht, wonach damals wie heute (1953) die Neubaugasse als "technisches Viertel" für etablierte Spezialgeschäfte des Radiobestandteilhandel galt. Auch 1953, als es mit dem Boom des Radioselbstbaues schon deutlich zu Ende ging waren noch etwa ein Duzend dieser einschlägigen Firmen tätig.

Bevor jedoch die Rückstellungskommission diesen Wert in Schilling zu bewerten hatte, kam es zu einem Vergleich, wonach Eugen Goldschmied an Karl Mayer öS 35.000,- Schilling jedoch für das Lokal in der Mariahilferstraße zahlte.

Worin der Gegenwert der Zahlung bestand ist nicht bekannt, jedoch wollen wir es hier als üblichen Geschäftsvorgang für womöglich größere Räume oder einem Altwarenbestand annehmen.

Kurze zeit später ist er erkrankt und in einem Krankenhaus verstorben.

Begraben ist er am Zentralfriedhof Wien, Tor 4, 8/1/9

 

 Quellen (Auszug):

  1. Einträge in FINDBUCH zum Thema Eugen Goldschmied, Neubaugasse 17-19, 1070 Wien in Verbindung mit den NS Verfolgungen

  2. Anno, Radiotechnik 2/1953

  3. Anno, Diverse Werbeschaltungen und Gerätevorstellungen

  4. Anno, Freiheit!, Mi, 23. Dezember 1931 zu verhaftung

  5. Anno, Das Kino Journal, 21. September 1929 Werbung

  6. anno, Neue freie Presse, 23. Dezember 1931

 


Suchbegriffe: Radiohändler Eugen Goldschmied Wien,


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Letzte Überarbeitung: 14.02.25