Eugen Goldschmied, ein Radiohändler aus Wien und seine Geschichte

  100 Jahre später in sein Radio-Amateur Schaufenster blicken können. Aus "die Stunde vom 20. November 1925

  Bild: Faszinierend das wir gut 100 Jahre später in sein Radio-Amateur Schaufenster blicken können. Aus [Die Stunde, Anno] vom 20. November 1925. Man beachte auch die Corporate Identity mit dem gestalteten EG Logo

Der Radiohändler Eugen Goldschmied, *6.10.1890 (Szombathely/Steinamanger, Österreich-Ungarn), verheiratet, bis in das 64. Lebensjahr dem 16.11.1954, war ein sehr präsenter Unternehmer der sowohl in der Zwischen- wie auch der Nachkriegszeit im Wiener "Radioviertel" an der einstigen "Radiomeile" der Wiener Mariahilferstraße und seiner Seitengasse der Neubaugasse 3 & 19 sein Geschäft betrieb.

Zeitungsportait um 1931/32 von Eugen Goldschmied im Zusammenhang seiner Verhaftung

Bild: Zeitungsportrait um 1931/32 von Eugen Goldschmied im Zusammenhang mit seiner Verhaftung. Portrait selbst aus vor 1928.

EINLEITUNG:

"Kriminelle - Alte Fälle"* Über damals aufsehenerregende Kriminalfälle der Zwischenkriegszeit rund um das Thema Funk und Radio.

Sowie die Vorfälle und der Umgang mit Enteignungen und Rückstellungen im Zusammenhang der rassistischen NS Verfolgungen von österreichs Radioleuten ab 1938.

Siehe dazu auch die bereits veröffentlichten Beiträge des Autors zu

 *>Kriminelle - Alte Fälle< war im ORF Fernsehen der ausgehenden 1980er Jahre ein Intro das meist spätnachts vor entsprechenden Filmen zur passenden Einstimmung der Zuseher ausgestrahlt wurde und dem Autor als nachhaltiges Wortspiel in Erinnerung blieb.

Das Geschäftliche:

Begonnen hatte er in der Branche 1923/24, also in dem Jahr als es in Österreich erstmals offiziell mit dem Thema Radio losging. Siehe auch der Artikel zu 100 Jahre Radio des Autors.

Davor war er gemäß [Wiener Zeitung, Anno] als verschuldeter Händler mit Ledergalanteriewaren im Ausgleich der am 29. August 1924 abgeschlossen war und er sich in Folge gewissermaßen mit dem Thema Radio neu erfand.

Eine Eigenschaft oder Gabe die er im Leben noch öfter anwenden wird.

In der [Radiowelt, Anno] Nr. 35 von 1928 findet eine Art Selbstdarstellung unter der Überschrift: Wie wurde ich der "Radioamateur"? wo er seinen Kampf um Qualität und billige Preise ausführt. Dies insbesondere in der Zeit des Anfangs 1924 als der Nachfrage ein ungleich kleineres Angebot zur Verfügung stand.

 Portal 1928 [Radiowelt Anno]

Bild: Das Auslagenportal aus 1928 [Radiowelt 1928, Anno] wurde bereits in die Straßenflucht hinein mit Werbeschildern aufgerüstet. Für Wien gibt, und gab es sicher schon damals eine sogenannte "Luftsteuer" für solcherlei Schilder zu entrichten die keineswegs nur eine "Luftnummer" war.

In dem er insbesondere seinen Provinzversand sowie gar seine Exporte in die Nachfolgestaaten des einstigen Kaiserreiches und gar bis nach der Türkei, Ägypten und Java anführt.

Bernhard Walter [Radiowelt Anno]Inwieweit eine "starke Frau" ihm in dieser Zeit den Rücken stärkte oder, wie Einsichten in sein teilweise ebenso öffentliches Privatleben zeigten mitunter eben auch nicht lesen Sie weiter unten im Text.

Relevant jedoch ist die positive Nennung von Herrn Bernhard WALTER, der als selbstständiger Geschäftsführer und tüchtiger Mitarbeiter das Unternehmen mit auf die Höhe gebracht ahte. Insbesondere die Reklamearbeit und beim Organisationsaufbau soll er großer geleistet haben.

Später wird er auch als eingetragener Prokurist bei Goldschmied angeführt.

Noch bleibt für uns unklar, inwieweit Herr Bernhard WALTER nur zufällig namensgleich, oder gar in familärer Beziehung z.B. als Bruder mit dem in letztlich gleicher Branche in Gehweite entfernten "Beleuchtungshaus WALTER" in der Gumpendorferstrasse 88b und seinem Besitzer Berthold WALTER in Verbindung stand. Weiters ob es eine direkte Zusammenarbeit oder Wettbewerb mit Interessenskonflikten gab für lt. [Wiener Zeitung] vom 11. Februar 1927 (wirksam 1. Februar) die Löschung der Prokura von Herrn Bernhard Walter im "Beleuchtungshaus WALTER" angeführt wird.

Beides wohl Männer mit Visionen, und so hat er bereits 1928 seine Absicht öffentlich kundgetan nicht nur zu expandieren, sondern auch ein "technisches Warenhaus" zu schaffen. Zu letzterem kommen wir bald. 

  

Ausgleich

 Meldung zum Ausgleich in [Wiener Zeitung] vom 2. Dezember 1924

Umgekehrt, da jeder Ausgleich einen zum Teil nicht unerheblichen Verzicht der Gläubiger auf eine Zahlung mit einschließt läßt sich wohl zum Teil ein Leben oder zumindest ein Wirtschaften auf Kosten anderer mitunter ebenso herauslesen.

Die [Neue freie Presse] beschreibt ihn 1931 wie folgt:

"Eugen Goldschmied ist in Fachkreisen eine wohlbekannte Figur. Er betrieb früher das Geschäft "Zum Radioamateur« im Hause Neubaugasse 19.

Vor einiger Zeit richtete er ein zweites modern eingerichtetes Geschäft in der Neubaugasse 3 ein, verkaufte hier allerdings nicht nur seine Radioartikel sondern räumte auch Firmen anderer Branchen Verkaufsmöglichkeiten in seinem Lokal ein.

Mit seiner zuständigen Berufsorganisation, dem Verband der Radiohändler Österreichs, ist Goldschmied wiederholt in Konflikte geraten, da er die von dieser Zentralstelle herausgebenene Mindestpreise unterboten hat.

Einige Male wurden Konventionalstrafen über Goldschmied verhängt, der schließlich aus dem Verband ausgetreten ist.

Durch sein Vorgehen hat er sich begreiflicherweise manche Gegner unter seinen Branchenkollegen und Konkurrenten geschaffen.

Doch wird übereinstimmend festgestellt, daß Goldschmied sich immer als rühriger, einfallsreicher und großzügiger Kaufmann erwiesen hat."

 

Inhalt:

  1. Einleitung

  2. Das Geschäftliche

  3. Das Unternehmen Eugen Goldschmied

  4. Werbung & Eigenkonstruktionen

  5. Reibereien am Wiener Radiomarkt

  6. Neue Ideen und Geschäftsfelder

  7. Radio als Mietmodell

  8. Der große Radioskandal 1931

  9. Der geteilte Radiomarkt

  10. Projekt Radiovermittlungszentralen

  11. Drahtgebundenes NF Radio

  12. Zentrale Vermittlungsstellen

  13. Die Nachkriegszeit - Restitution und Neuanfang

  14. Besonderheiten bei den Rückstellungen

  15. Zum inneren Wert der Neubaugasse in Wien

  16. Die Privatperson Eugen Goldschmied

  17. Eugen Goldschmied als öffentliche Person

  18. Autos und sonstiger Wohlstand

  19. Auf der Flucht - Überleben

  20. Plötzliches Ableben

  21. Quellen und Literaturnachweise

  22. Weitere Lesetipps des Autors

Das Unternehmen Eugen Goldschmied

Werbewirksam sprach Goldschmied die Radio Amateure an. Ein damals absolut positiv besetzter Begriff.

Werbung mit Warenangebot 1925

Werbung mit dem Warenangebot 1925. Der Preis entscheidet.

Ebenso führte er als augenscheinliche Eigenprodukte "Erzeugung von Lampenapparaten mit Bauerlaubnis TELEFUNKEN an (Radiowelt 1925).

Als Generalvertrieb bewarb er den "Aurovox" Low-Loss-Drehkondensator (Radiowelt 1925)

Mitteilung

Werbeschaltung aus [Der Morgen, Wiener Montagsblatt] vom 17. Oktober 1927. War es eine Montagsmeldung, oder gar das was man unter dem einst jüdischen Begriff Chuzpe bezeichnet? Einer Mischung aus zielgerichteter, intelligenter Unverschämtheit, charmanter Penetranz und unwiderstehlicher Dreistigkeit, wobei eine gewisse Anerkennung mitschwingt?

Die Aussage, er würde nicht mehr beliefert, hätte aber soviel Ware, dass er die Nachfrage gar nicht mehr bewältigen kann.

Dazu passt wie immer der Ausspruch, jeder Kramer lobt seine Ware sowie wer raunzt, der Verkauft.

Zu der bekannten Adresse in der Neubaugasse 19 kamen noch die Filialen in Wien 17, Hauptstraße 31 sowie Thaliastraße 13 in Wien 16, beides damalige Arbeiterbezirke hinzu.


 

Werbetätigkeit, Öffentlichkeitsarbeit und eigene Radiomodelle

Zu den massenhaften Inseraten und Announcen jener Tage in den populären Zeitschriften die eben das neue Medium Radio bedienten kam noch im Jahr 1930 ein eigener Katalog mit dem Titel "Das Buch für Radio- und Technik" auf dem Markt und wie Detektorspezialist Herr Macho im [Radiobote 35] aus 2011 ausführt beinhaltet er alle aktuellen Werbeblätter/Folder von 28 Unternehmen der damaligen Radio-Industrie und zählt damit zu den wichtigsten Standardunterlagen für einschlägige Sammler wie auch Technikforschenden als ein Nachschlagewerk der einstigen Geräte- aber auch Bauteilevielfalt.

Am Beispiel des "2 Schirmgitterröhren Radios" als Nachbau bzw. Selbstbau Bauanleitung und einer Materialliste die man, ähnlich wie auch in anderen Geschäften dann bei Goldschmied beziehen konnte.


 

Reibereien am Radiomarkt

Die starke Agitation und Kampfpreise von Goldschmied nötigte auch etablierte Hersteller gegenüber dem Handel wie auch Endkunden klare Kante zu zeigen:

In [Der Abend] führt die Fa. KAPSCH, am 21. Oktober 1927 unter der Überschrift "Warum die Radiobestandteile soviel kosten" wie folgt aus;

Wir erhalten von der Telephon- und Telegraphen-Fabriks A.-G. Kapsch u. Söhne folgende Berichtigung:
Unwahr ist, daß die Unternehmung Kapsch u. Söhne sich hinterrücks die Lieferung an die Gesperrten (die Herren Eugen Goldschmied und Franz Chwatal) sicherte.
Wahr ist vielmehr, daß Herr Eugen Goldschmied Ende August 1927 mit uns einen Abschluß über verschiedene Radioartikel tätigen wollte, wir dies aber mit dem Bemerken ablehnten, daß wir vor Beendigung der Verhandlungen zwischen der Industrie und der Händlerschaft keine Abschlüsse machen.
Wir haben auch seitdem weder mit Herrn Eugen Goldschmied, noch mit Herrn Franz Chwatal einen Abschluß gemacht.
Diese beiden Firmen haben auch seit dem auf ausdrücklichen Wunsch der Händlerschaft gefaßten Beschluß vom 13. Oktober 1927 von uns weder Waren bezogen, noch uns eine Bestellung aufgegeben.

Wir haben ferner die obigen Firmen in keiner Weise gesperrt, sondern gewähren ihnen nur auf einzelne Markenartikel keinen Rabatt.

Weiter ging es mit Superlativen, wonach die starke Nachfrage nicht nur die Erweiterung der Räumlichkeiten, sondern gar einer eigenen Wache bedurfte gemäß [Die Stunde], vom 11. Jänner 1929.

Ständig neue Ideen und Geschäftsfelder entdeckt:

Das Kino Journal, 21. September 1929 zu den Kino-Kraftverstärkern

Werbeschaltung im [Das Kino Journal],vom  21. September 1929 zu den Kino-Kraftverstärkern

Erneut als Werbetalent und am Puls der Zeit, der Tonfilm war eine erst in jener Zeit eingeführte Neuerung in den Kinos, bot Goldschmied auch gleich Vermarktungschancen für den Kinobesitzer gewissermaßen als eine sich selbst refinanzierende Investition an:

 
Akustische Reklame  [Das Kino-Journal] vom 12. Juli 1930

Das immer wiederkehrende Problem aller Lichtspieltheater lautet:
Wie erziele ich mir ein Stammpublikum und wie erhalte ich dieses?
Diese Frage wird in Großstädten mit einer zahlreichen Konkurrenz geradezu brennend.
Das verwöhnte Publikum verlangt heute nicht nur einen exklusiven Film, eine moderne Ausstattung des Theaters und einen behaglichen Warteraum.
Der Besucher eines Kinos trifft selten die Zeiteinteilung der Vorstellungsbeginne und zudem läßt ihn sein Begehren nach einem „guten“ oder „Ecksitz" geraume Zeit vor dem Beginn einer Vorstellung an den Kassen­ schalter treten,
ln der nun folgenden Wartezeit aber langweilt er sich.
Die plakatierten Voranzeigen kennt er schon aus den Tagesblättern, aus den versendeten Voranzeigen.
Hier eröffnet sieh ein neuer Weg zur Abhilfe: die akustische Reklame!

Unter diesem Schlagwort soll nicht Eigen-Reklame verstanden werden, sondern Reklame für die Lichtspielbühne durch akustische Wirkungen.
Die durch ihre Verdienste um den technischen Fortschritt bestbekannten Radio-Großfirma Eugen Goldschmied, Wien, VII., Neubaugasse 19, schuf in inniger Zusammenarbeit mit der Radio-Industrie neue Typen von Kraftverstärker-Ton-Anlagen, die sich besonders zur Aufstellung in modern geführten Lichtspielbühnen eignen.
Für die beim Publikum ungemein beliebte Schallplatten- oder Radio- Übertragung geeignet, eröffnen diese Anlagen eine ungeahnte Perspektive.

Ist es unbestritten, daß der Lautsprecher ant Kinoportal schon anziehende Wirkung ausiibt, so wird das Publikum immer das Kino vorziehen, dessen Warteraum durch Schallplattenkonzerte und fallweise interessante Radio-Übertragungen (die es sonst versäumt) abwechselnde Unterhaltung bietet.

Die Wartezeit ist dann nicht mehr tote Zeit, sie wird amüsant und verlockend, sie erhöht und verlängert den Genuß des Kinobesuchs und bringt dem Unternehmen den gewünschten Erfolg.
Die Kraftverstärker-Ton-Anlage löst aber auch die Orchesterfrage in kleineren Provinzorten und bietet dort immer die Vorführung der letzten musikalischen Neuheiten.
Der fortschrittlieh und richtig kalkulierende Unternehmer wird die Anregung des Radio Spezialhaus Eugen Goldschmied nicht abtun, ohne die Chancen erwogen zu haben. Er wird sich fachmännisch beraten und unverbindlich eine Anlage vorführen lassen. KI.
 

Radio werden tragbar:

Vermarktet mit auszugsweise einem ins anglizistische gehauchten Werbetext in [Die Stunde] vom 28. April 1929:

Very-Weekend“, das richtige Weekend-Radio.

Die kommende warme Jahreszeit wird auch heuer wieder die Ursache sein, daß die Großstädter ihr Wochenende teilweise in eigenen Weekend-Häusern sowie auch in Bädern, in Wald und Flur verbringen werden.

Very Weekend Radio 1929Um die Erholungspause zu würzen, hat das stets rührige und bekannte Radiohaus „Zum Radio-Amateur“, E. Goldschmied, Wien. VII., Neubaugasse 19, der neuen Zeit Rechnung tragend, einen Apparat in den Handel gebracht.
Sein Name ist „Very-Weekend“.
Ohne Antenne, ohne Erdleitung, nur mittels eingebautem Akkumulator, Anodenbatterie und Lautsprecher bietet er jedem Besitzer die Möglichkeit, durch Wiedergabe der Wiener Sendungen, selbst im entferntesten Winkel des Wienerwaldes, die Zuhörer zu unterhalten und zu erfreuen.
Die leichte Transportmöglichkeit ist, durch den Einbau des Apparates in einen kleinen, handlichen Koffer, voll gegeben.
Für Interessenten kostenlose Vorführung.

Ankündigung des "Radios für Jedermann dank Amerikanisierung" am Vorabend der Weltwirtschaftkrise 1929:

Vollkommene Amerikanisierung im Wiener Radiohandel! so lautete eine entgeltliche Textanounce in [Der Morgen. Wiener Montagblatt] vom 15. April 1929.
Ein System hinter dem letztlich wie auch immer vorfinanzierte Geräte stehen die in der Hoffnung, der Gerätemieter wird seine Miete bezahlen aufgebaut ist. Das Ganze mit der Zusage auf relativ rasche Gerätemodellwechsel um stets modern zu bleiben. Wie hier die Kalkulation und Amortisation wirklich funktioniert haben soll bleibt unklar.

Jedermann bekommt ohne Kauf den modernsten Empfangsapparat!

Einführung eines Leihsystems! (*Anmerkung: Rechtlich eine Miete da entgeltlich)

Der Staunen und Neid erregende Riesenerfolg, den die Wiener Radiofirma „Zum Radioamateur", Eugen Goldschmied, seit Jahren zu verzeichnen hat, ist auf die geradezu unglaubliche Leistungsfähigkeit dieses Unternehmens zurückzuführen.
Eine neue, zeitgemäße Idee wird demnächst von der Firma „Zum Radioamateur" verwirklicht werden, die sicher allgemeinen Anklang finden und sehr viel zur Popularisierung des Radioempfanges beitragen wird.
Die Radiofreunde sind größtenteils nicht in der finanziellen Lage, mit den neuesten Änderungen und Verbesserungen der Radiotechnik stets Schritt zu halten und sich den jeweils besten und modernsten Empfangsapparat zu kaufen.
Auch das Kreditsystem hat sich als unzureichend erwiesen, da die Apparate meist, noch bevor sie voll bezahlt sind, unmodern werden.
Die neue großzügige Aktion der Firma „Zum Radioamatenr" wird es allen, die noch keinen Radioapparat besitzen, ermöglichen, ohne Kauf den neuesten besten Apparat zu bekommen und sich der Anlage, sobald sie technisch überholt ist, wieder zu entledigen, wobei Raten- und Zinsenzahlnngen vermieden werden.
Ohne daß Sie Kredit in Anspruch zu nehmen brauchen, leiht Ihnen die Firma „Zum Radioamateur", Eugen Goldschmied (Wien, 7. Bez., Neubaugasse 19), Radioapparate mit Netzanschlußgeraten für die Lichtleitung.
Für die minimale monatliche Leihgebühr sorgt die Firma auch für jedwede Instandhaltung des Apparates.
Diese Aktion der großen Wiener Radiofirma beseitigt für die Abnehmer alle Gefahren, daß ihre Radiogeräte unmodern werden könnten, ermöglicht, selbst mit der Zeit Schritt haltend, Anhänger des Radio, stets auch mit der Zeit Schritt zu Halten und sich den bestmöglichen Empfang zu sichern.


Das Mietmodell dürfte länger geführt worden sein, da es in [Die Stunde] vom 30. November 1933 zumindest für saisonale Sportereignisse offeriert wurde:

Leihradio 1933 Wien Schottland-Österreich

Als mutmaßlich mögliche Kunden boten sich mitunter weitgehend mittellose Arbeitslose an, die sich das wenige Geld für ein einmaliges Dabeisein zu diesem besonderen Sportereignis am Radio zusammengekratzt haben.

Gar gleich acht Gründe führt eine vollseiten(!) Werbeschaltung im [ÖRA Österreichischer Radio-Amateur] vom März 1930 an warum man beim Radioamateur, dem Geschäft Eugen Goldschmied's einkaufen soll. Gleichlautendes gab es auch im [Radiowelt: Jahrgang 7, Nr. 6 1930]

ÖRA Werbung 1930


Goldschmied's Vision und Verwirklichung seines Hauses der Technik

Weitere Ankündigungen für sein Engagement für Superlativen finden wir am 2. August 1930 in [Pharmaceutische Presse] wo es auszugsweise heißt:

"Über Auftrag des bekannten Radiounternehmens Eugen Goldschmied in Wien wird das neue „Haus der Technik" nach den Plänen des Herrn Dr. Ing. Arch. Michael Engelhardt der technischen Hochschule in Wien geschaffen und soll eine europäische Sehenswürdigkeit werden.

Phototechnik 1932Wien wird um einen mächtigen Kulturfortschritt bereichert und soll wieder einmal beweisen, daß der österreichische Geist, trotz Not und Wirtschaftskrise, in der Welt immer noch mit tonangebend ist."

Das "Haus für Radio und Technik", Ein Ort mit wie es hieß gar 40 Abteilungen auf vier Etagen, Lift, Fernsprechzellen, Personenwaage, einem Büfett und gar auch Fernsehapparaten(!), zu denen auch die aufstrebende Photobranche gehörte wie auszugsweise eine Announce in [Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe)] vom 29. Mai 1932 belegt.

In Teilbereichen also das, was etablierte Großkaufhäuser an dieser Einkaufsstraße bereits im Kaufhaus Stafa, Gerngroß oder auch Herzmanzky mit anderen Branchenmix anboten. Sein Konzept u.a. daraus Bestand anderen Händlern gewissermaßen Lokalflächen wie später von Einkaufszzentren bekannt zu vermieten die wiederum eigenständig ihre Produkte wahrscheinlich Umsatzbeteiligt anboten. 

Die Eröffnung wird Ganzseitig im [ÖRA, Österreichischer Radio-Amateur, Anno] vom November 1930, also gerade rechtzeitig zum ganz wesentlichen Weihnachtsgeschäft beworben:Haus für Radio und Technik

 

[Der Morgen. Wiener Montagblatt], vom 3. November 1930, kündigt dazu an

"Ein freudiges Ereignis ist es, daß sich in Wien trotz aller wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten eine Firma fand, die den Mut hatte, sich über diese Heminungen hinwegzusetzen und ein nach amerikanischen The Black Berry BoysVerkaufsmetboden organisiertes Unternehmen zu schaffen.

Die Firma Eugen Goldschmied, seit jeher führend in der Radiobranche, hat vor kurzem das „Haus fiir Radio und Technik" in der Neubaugasse Nr. 3 eröffnet und jetzt fiir einige Tage eine großzügige Geschenkaktion eingeleitet."

Ein neuer Ort der auch Unterhaltung für das Publikum u.a. durch Konzerte wie in [Die Stunde] vom 21. November 1930 geboten hatte. Ein Konzept das in den 1990er Jahren und nachfolgend u.a. von einem Wiener Baulöwen mit einer innerstädtischen "City" in Wien 15 adaptiert wurde.

Sehr umfangreich beschrieben wird diese neue Wiener Institution in [Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe)] vom 8. Oktober 1930 wo man herauslesen kann wie einfallsreich er es verstanden hat die verschiedensten Branchen und ihre Vertreter für "sein Haus" gewissermaßen einzuspannen:

Man könnte es neuzeitlich auch als Dauerhausmesse der Hersteller bezeichnen. Das Haus selbst, es scheint ein Gründerzeithaus zu sein wurde wohl nicht neu errichtet, sondern eben Umfangreich von einem gemischten Geschäfts- und Wohnhaus in diesen Einkaufstempel der Technik verwandelt. 

 
Das Haus für Radio und Technik
Eugen Goldschmied, VII. Neubaugasse 3


Im Hause Neubaugass 3, wenige Schritte von der Mariahilferstraße, hat gestern (Anmerkung: 7. Oktober 1930) die Firma Eugen Goldschmied ihr "Haus für Radio und Technik" eröffnet.

Im Souterrain, Parterre und ersten Stock, ist dort eine Schau zahlloser Dinge zum Verkauf ausgebreitet, die es dem Besucher erst so recht bewußt werden läßt, wie vollständig sich die Technik unserer Zeit des persönlichen Alltagslebens jedes einzelnen bemächtigt hat.

Von der Kindereisenbahn bis zur Beheizung und Beleuchtung des Heimes, von den Laubsägewerkzeugen und andern Geräten für Bastler bis zum Staubsauger und zur Waschmaschine, und schließlich vom Radio und den im Augenblick fertigen Sprechplatten mit der eigenen Stimme bis zu den häuslichen Hilfsmitteln der ärztlichen Bestrahlungstherapie ist hier alles in allen Details und in allen Ausführungen zu sehen und zu erhalten.

Da darf natürlich auch die Ausrüstung des modernen Sportlers und Weekendlers nicht fehlen.

Für Auto, Motorrad und Photoapparat wie für das Picknick auf Sommerwiesen oder Schneehängen findet hier jedermann, was er braucht.
Die Hausfrau und der Kaufmann sind ebenfalls gebührend berücksichtigt.
Der Kaufmann wird hier besonders für sein Schaufenster manchen wertvollen neuen Behelf kennenlernen.

Das neuzeitliche Schaufenster ist ja nicht starr und stabil, wie das Schaufenster von einst, sondern der Schaufensterarrangeur muß bestrebt sein, der Hast und Raschlebigkeit der Zeit entsprechend, immer Neues zu bieten, immer andere Ware auszustellen, gleiche Ware immer anders zu arrangieren, die Kunst des Blickfanges bis in ihre feinsten und (scheinbar) unauffälligsten Finessen zu beherrschen.
So sieht man hier denn „Blickfänger" aller Art, sieht aber auch den neuesten, verstellbaren Ständer für die Anordnung von Schaufensterstellagen und Glasplatten zur wunschgemäßen Schaustellung von Ware verschiedenster Art.
Erfinderausstellung Wien 1930 [Neuigkeits-Welt-Blatt] 1930, 7. September

Im Souterrain hat der Österreichische Erfinderverband eine ständige Ausstellung eingerichtet, die stets das Neueste zeigen wird, was die Erfinder in ihrer mühevollen und vielseitigen Kleinarbeit für die Erleichterung und Verbesserung des täglichen Lebens und der täglichen Arbeit schaffen.
Aber nicht nur in seinen weitverzweigten Innenräumen ist das neue .„Haus für Radio und Technik" überaus interessant und sehenswert.

Seine Schaufenster in der Neubaugasse, die große Schaufenster-Passage neben dem Eingang, die Architektur seines Portals, das in seiner monumentalen, dabei doch streng modernen und .sachlichen" Anlage die ganze Fassade beherrscht, bilden eine neue Wiener Sehenswürdigkeit und bringen besonders in das weltstädtische Bild, das das Mariahilfer Geschäftsviertel schon immer bot, eine neue und interessante Note.

Und wenn im Inneren dieses neuen Geschäftshauses der große Saal der Beleuchtungsindustrie mit seinen tausenderlei raffinierten Lichteffekten die Aufmerksamkeit in hohem Maße auf sich zieht, so wird das abendliche Straßenbild nun auch durch die von unsichtbar angebrachten Lichtflutern strahlend erleuchtete, breite Außenfront des Hauses einen gewiß sehr werbekräftigen "Blickfang" erhalten.

Zur Eröffnung des „Hauses für Radio und Technik" batten sich unter andern eingefunden:
vom Handelsministerium Sektionsrat Ingenieur Swoboda und Ministerialrat Dr. Mosche, Stadthauptmann Regierungsrat Dr. Pauser und Oberpolizeirat Dr. Manda, Generaldirektor Czeija der „Ravag", von der Handelskammer Kammerrat Kommerzialrat Dr. Waldstein, von der französischen Handelskammer Vizepräsident Orelli, von der deutschen Handelskammer Dr. Hanning, vom Niederösterreichischen Gewerbeverein Kommerzialrat Generaldirektor Ingenieur Burjan, vom Ingenieur- und Architektenverein Generalsekretär Ingenieur Willfort, vom Wiener Industriellenverband Doktor Demel, vom Schutzverband der Markenwarenindustrien Sekretär Dr. Tausing sowie zahlreiche Vertreter der Industrie und des Handels.

Die einzelnen Abteilungen

Radio

Philips Radio

Philips Radio ist in hervorragender Weise vertreten.
Eine eigene Koje zeigt in gediegener Aufmachung die altbewährten Philips-Erzeugnisse, welche für jeden Radioliebhaber heute bereits unentbehrlich geworden sind.
Als letzte Neuheit stellt Philips seinen elektrodynamischen Lautsprecher Nr. 2108 zur Schau, welcher eine Spitzenleistung der klangreichen Tonwiedergabe bietet.
Unter den ausgestellten Philips-Röhren sind besonders die „Penthoden" hervorzuheben.
Die ,13er"-Penthoden sind das Vollendetste auf dem Gebiete der Empfängerröhren: Röhren mit fünf Elektroden.
Von der B 443, der Stammutter des Penthodongeschlechtes, der E 113 von bereits größerer Endleistung, zur Kraftverstärkerröhre L 443 und schließlich zu der 25-Watt-Weltrekord-Penthode L 443, werden den Kunden in übersichtlicher Form diese idealen Endverstärkerröhren vorgeführt.

In feenhaftem Licht erstrahlen die gesamten Räume des neuen Warenhauses.

Die schwierige Frage der effektvollen Beleuchtung wurde in stilgerechter und vollendeter Weise durch die PhilipsZweckbeleuchtungskörper gelöst.

Die imposanten und werbetechnisch beispielgebenden Neonlichtreklameanlagen an der Außenfront des Hauses wurden von der Philips-Neonabteilung geliefert.
So hat Philips in hervorragender Weise zu dem Erfolge des größten und schönsten Warenhauses für Radio und Technik im weitesten Maße beigetragen.

Telefunken

Eine der interessantesten Kojen ist die der Telefunken. Ganz besonders fällt der Telefunken 12 auf. der Schlager der Saison.
Er ist ein 3-Röhren-Netzempfänger und mit dem modernsten Außensteuer (Arcotron-Stäben) ausgestattet.
Durch rationelle Arbeit und Verwendung der modernsten Hilfsmittel wurde es ermöglicht, den überaus niedrigen Preis von 2S7 S festsetzen zu können. Telefunken 12 kann als der moderne Standardempfänger angesehen werden und wird icherlich auf Jahre hinaus von keinem Apparat seiner Klasse überholt werden.
Der auf der ganzen Welt als hervorragendes Gerät anerkannte Schirmgitterempfänger xx wurde noch weiter verbessert und durch Einbau eines dritten Empfangskreises zur höchsten Selektivität gesteigert.
Es ist der Telefunken 40 Spezial.

Kurzwellenempfang für den Laien bietet der Telefunken 32; es ist das erstemal, daß ein Kurzwellenempfänger für den Nichtfachmann gebaut wurde.

Das Arcofar, welches Rundfunkempfang und Schallplattenübertragung in einem formschönen Gehäuse vereinigt, erregt allgemeine Bewunderung. Die Lautsprecher Arcophon 5, 3 und 4 2 entzücken durch ihre vollendete Wiedergabe des Tons.

Eumig

In übersichtlicher Art stellt die „L II AI 6" ihre Präzisions-Radiogeräte zur Schau.
Wir sehen modernst konstruierte Netzempfänger, vom 2-Röhren-Apparat bis zu den Hochleistungs-4-Röhren-Empfängern, mit denen man auch schwächste Fernstationen, ungestört durch den Ortsender, in imponierender Tonfülle und wundervoller Klangreinheit hört.
Aber auch der „L II AI E"- 2-Röhren-Netzapparat ist trotz seinem erstaunlich niedrigen Preise von nur 168 öS inklusive Röhren in jeder Hinsicht technisch vollendet.

Auch er ist Wie alle übrigen „L II AI 8"- Netzempfänger für Schallplattenwiedergabe eingerichtet und besitzt die absolut sichere „L II NI O"- Vorrichtung, die ein Berühren stromführender Telle unbedingt ausschließt.

Es sei noch auf den „L II A l 6"- 3-Röhren-Netzempfänger hingewiesen, der mit einer Kraft- penthodenröhre ausgerüstet ist, die eine besonders große Lautstärke ermöglicht.
Dieser „8 II A16"- Netzempfänger ist heute in Oesterreich infolge seiner Vorzüge und seines billigen Preises der am meisten verbreitete Netzapparat. Diese und noch viele andre „8 II AI E"- Fabrikate geben uns die Überzeugung, daß die „L II AI O", die ja in Oesterreich die meisten Radioapparate herstellt, den Ruf ihrer Fabrikate als vorzüglich, bei niedrigstem Preis voll bewahrt und wenn möglich noch gesteigert hat.

Kapsch u. Söhne A. G.

Die Kapsch u. Söhne A. G. hat in der diesjährigen Fabrikation besonderes Gewicht auf die Erzeugung hochwertigster Netzempfänger gelegt.
Der moderne Vollnetzapparat „Tri-Elecrric" für Gleich- und Wechselstrom, mit und ohne eingebautem Lautsprecher stellt eine Spitzenleistung der Radiotechnik dar.
Alle Neuerzeugnisse werden schon dem kommenden Fernsehen
angepaßt, vor allem die Verstärker, für die ein Spezialtransformator. „Laminic", konstruiert wurde.
Außer dem allbekannten Fernempfänger „2 8 5" zeigen Kapsch u. Söhne noch viele andere Apparate und Einzelteile, wie Netzgeräte, Lautsprecher, Baukasten, Batterien, Kondensatoren usw., die alle aufzuzählen, hier der Raum fehlt, die man aber gesehen haben muß, um ein Bild moderner Radiofabrikation zu gewinnen.

H. Jacobi u. Co.

Die Radio-, Telegraphen- und Telephonwerke H. Jacobi u. Co., Wien, eine der größten Schwachstromfabriken Oesterreichs, sind durch ihre neuesten Erzeugnisse im Radioapparatebau vertreten. Vor allem der 3-Röhren-NetzemPfänger „Stella", der in einem eleganten Holzgehäuse Empfänger und Lautsprecher birgt und durch seine verblüffende Lautstärke und Tonqualität auf der Messe Erstaunen erregte.
Der 2-Röhren-Netzempfänger ,Herold", ausgezeichnet durch den Gegensatz „Billiger Preis— höchste Lautstärke".

Die tausendfach bewährten Batterieempfänger „Kontinent" und „Fernort", Lautsprecher und Anschlußgeräte für Entnahme des Anoden- und Heizstromes aus dem Netz seien besonders erwähnt.

Valvo-Rühren

Die Radioröhrenfabrik G. m. b. H-, Lokstedt bei Hamburg, zeigt in sehr geschmackvoller Weise ihre komplette Kollektion in Empfangsgleichrichter und Amateursenderöhren. br>Den höchsten Anforderungen modernen Apparatebaues wird hier Rechnung getragen.
Auch für Kraftverstärker zeigt Valvo eine Reihe von Typen höchster Leistung.
Vernünftige Lebensführung bedingt die Benützung der neuzeitlichen Siemens-Badegeräte
Siemens-Kochgeräte Wundervolle, sachlich schöne Linienführung/ Einwand­ freie Funktion/ Sparsam im Gebrauch/ Billig im Einkauf/ Teilzahlungen


Ausstellung im Technischen Warenhaus Goldschmied, VII. Neubaugasse 3.

Sprechmaschinen und Platten

Odeon

Der Sprechmaschinenindustrie, die gerade in den letzten Jahren einen so mächtigen Aufschwung genommen hat, wird in dem neuen Haus selbstverständlich ein hohes Maß von Aufmerksamkeit gewidmet.
Vor allem fällt hier ein wahres Schmuckkästchen auf, ein entzückend ausgestatteter Raum, dessen vornehme Eleganz die Aufmerksamkeit aller Besucher berechtigterweise in hohem Maß erregt.

Die weltbekannte Sprechmaschinenmarke Odeon stellt hier ihre Apparate, deren vollendete Aufnahmetechnik ja jedermann bekannt ist, und ihre Platten aus, für deren Hochklassigkeit ein ihrer würdiger, herrlicher Rahmen geschaffen wurde. Aber die Odeon-Kabinen wirken nicht nur ungemein dekorativ, sondern sie atmen auch intime Behaglichkeit, man fühlt sich in ihnen völlig ungestört, ganz als ob man sich im eigenen Heim mit Ruhe und Muße die akustischen Genüsse zu Gemüte führen würde. Apparate von der einfachsten Ausführung bis zur prachtvollsten, feudalsten Luxusausstattung kann man hier bewundern.

Die Schallplatten stehen aus hohem künstlerischem Niveau, und die Reichhaltigkeit der jedem Genre genügeleistenden Auswahl wirkt verblüffend. Jeder Geschmacksrichtung wird hier in weitestem Maße Rechnung getragen, auch die neuesten Erscheinungen auf allen musikalischen Gebieten sind hier vertreten.

Die Exklusivkünstlerplatten, wie von michard Tauber, Lotte Lehmann, Charles Gaudriot, Dajos Bela, Franz Hoffmann und vieler andrer, kann man hier ebenso hören, wie Symphonien und Opern von den berühmtesten Orchestern der Welt, bis zu den neuesten Operetten- und Jazzschlagern. Jtonia.
Wenn von Sprechmaschinen die Rede ist, muß vor allem auch jener der „Jtonia" Gramophones Ltd, London, einer der größten Sprechmaschinenfabriken der Welt, rühmend Erwähnung getan werden. Jtonia-Grammophone werden nicht nur in Europa, sondern auch in allen übrigen Erdteilen besonders gern gekauft, nachdem diese Apparate in punkto Qualität ganz einzig dastehen.

Alle Typen sind patentierte Spezialkonstruktionen, insbesondere aber auch das herrliche „Super"-Modell, dessen Detailkassaverkaufspreis 225 öS beträgt.

Dieses Modell zeichnet sich durch wunderbaren Ton aus und hat als äußeres Merkmal einen versenkten Plattenteller in Silberaluminiumgehäuse mit Schallreflektoren.
Außer diesem Modell werden noch die übrigen Koffer- und Schrankmodelle znr Schau gestellt. Es gibt heute fast kein Geschäft, welches diese erstklassigen Apparate nicht führt, denn der dezidierte Publikumswunsch verlangt sie.
Kristallschallplatten, die ebenfalls ausgestellt werden, sind ein Erzeugnis der Deutschen Crystalate, Ges. m. b. H., Berlin» einer Tochtergesellschaft der American Record Corporation, New-York, welcher Konzern in London. Paris sowie auch in Berlin Zweigfabriken besitzt.
Kristallschallplatten zeichnen sich, wie schon der Name besagt, durch kristallklaren Ton aus, und sind diese Platten insbesondere prädestiniert zur Übertragung auf Kraftverstärkern.
Alle Tonfilmschlager hört man zuerst auf „Kristall-Elektro" in unübertrefflicher Wiedergabe.

Melograph

Als ein richtiger Clou kann die Koje bezeichnet werden, welche die Wunderdinge des „Melograph" dem erstaunten Publikum vorführt.
Das ist keine Erfindung, die heute bewundert und morgen vergessen wird, sondern eine Sensation.
Man spricht oder singt in einen Apparat und einige Minuten später kann man sich nicht nur hören, sondern trägt die Platte fertig nach Hanse. Kostenpunkt sage und schreibe 2,- öS.

Der „Phonoson"- Apparat zur Selbstaufnahme im eigenen Heim bei geringem Kostenaufwand ist ebenda selbst erhältlich.

Photo

Mit großem Interesse werden es die Photoamateure Österreichs begrüßen, daß Photo Weismann, eine der ältesten und populärsten Photofirmen Wiens, ihre langjährigen Erfahrungen nun den Lichtbildnern zur Verfügung stellt

Pian ahnt bereits die Klaue des Löwen.

Der routinierte Fachmann bringt als Neueinführung die neueste Emulsion der Ilford Ltd., London, für allerschnellire Sport- und Momentaufnahmen sowie das wohl den höchsten künstlerischen Anforderungen entsprechende Photopapier „Merkur", ferner die modernsten Apparate aller Marten, also Spitzenleistungen in jeder Beziehung.
Plan muß die ausgestellten Bilder sehen, um zu wissen, daß dieses neue Photohaus ein unschätzbarer Gewinn ist für alle Photoamateure und diejenigen, die es werden wollen.

Geschäftsmaschinen

Die österreichische Alleinvertretung für die automatischen Neigungswaagen „Dayton" sowie die Zeitkontrolluhren „International" ist durch diese Fabrikate repräsentiert.

Die Muttergesellschaft, die International Busines Machines Corporation, blickt auf einen 40jährigen Bestand zurück, ist in 77 Staaten vertreten, beschäftigt 6000 Angestellte und beherrscht in Kontrolluhren 90 Proz. des Weltkonsums.
Seit der vor mehreren Jahren erfolgten behördlichen Zulassung der automatischen Neigungswaagen in Österreich weist die Marke „Dayton", da fie für alle Branchen geeignet ist, eine intensive, stets steigende Ver­ breitung auf.

Die hervorragend verläßichen Kontrolluhren „International" bilden bei allen Rationalisierungsbestrebungen einen der wichtigsten Faktoren und leisten bei Zeitkontrollen jeder Art (Pünktlichkeit, Anwesenheit, Akkord usw.) wertvolle Dienste. Vorführungen erfolgen bereitwilligst vollkommen unverbindlich.
 
Durch die besonders geschmackvolle Aufmachung fällt die Koje auf, die in übersichtlicher Anordnung die für jeden Betrieb unentbehrlich gewordenen Kontrollregistrierkassen zeigt.
Wir sehen hier die „C o r o n a"- Geldregistriermaschine, die modernste, kleinste und trotz billigstem Preise technisch hervorragende Kontrollkasse, die für jede Branche geeignet ist, für jedes Geschäft das richtige Modell bringt und nicht nur quittiert, sondern auch Schecks auswirft.
Diese Leistungsfähigkeit ist nur dadurch ermöglicht, daß die „Corona"- Kassen österreichische Erzeugnisse und deshalb durch keine Zollspesen belastet sind.

Julius Meinl, die „Göc"-Warenhäuser und etwa 500 Detailgeschäft, welche „Corona" bereits eingeführt haben, sind sicherlich die beste Referenz

Bureauartikel und Füllfeder

Besonders zu erwähnen ist auch die Abteilung «M a s t n a k.

Hier findet man alle Bureauartikel, Papierwaren und in größter Auswahl die renommiertesten Marken in Goldfüllfedern aller Systeme. Nur ein erstklassiger Fachmann ist in der Lage, jedermann die für seine Hand paffende Füllfeder zu empfehlen.

Dreißigjährige Erfahrung auf diesem Gebiete bürgt dafür, daß bei Ankauf dieses heute für jeden notwendigen Bedarfsgegenstandes auch den verwöhntesten Ansprüchen durch kostenlose Beratung voll entwird.
 
Auch fachmännische Reparaturen werden bei billigster Berechnung übernommen.

Medizinische Apparate

In einem eigenen, ganz gesonderten Raum finden wir die neuesten medizinischen Apparate, Spezialerzeugnisse der Firma Hans Fleischmann u. Co.
Vor allem sei erwähnt die Panexsol-Heilsonne die von Ärzten als hervorragender Behelf zur Beschleunigung des Heilverlaufes bei Blutkreislauf-, Stoffwechselerkankheiten und entzündlichen Prozessen anerkannt sowie auch zur schnellsten Schmerzlinderung als geeignet befunden wurde. Weiter sind die Imperator- und Sanex- Inhalationsapparate als vorzügliche Vorbeugungs- Heibehelfe bei Erkrankungen der Atmungsorgane empfehlenswert.
Alle ausgestellte« Apparate können in jeder Familie verwendet werden.

Elektro-Abteilung

Besonders hervorzuheben ist das neue .Kontakt'- Einheitsmaterial der .Elin" A.G., welches wegen feiner neuzeitlichen Formgebung und seines widerstandsfähigen Baustoffes als bestes Installationsmaterial anzusehen ist.

Einrichtungen für den Haushalt und Fahrräder.

Die Abteilung „Wcmka".

Wiener Metallkunstgewerbe, ist entschieden eine der interessantesten.
Ein förmliches Arsenal durchaus auf neuzeitlichem Niveau stehender Gegenstände für Haushalt und Gewerbe ist hier vertreten.

Wir finden alle nur erdenklichen Beleuchtungskörper, Luster, Kipp- und Stehlampen, elektrische Heiz- und Kochapparate, Staubsauger, Kühlschränke und Waschmaschinen, weiter Fahrräder, Nähmaschinen, Dauerbrandöfen für Kohle und Koks, Spiritus und Petroleum, Heiz- und Kochapparate usw. Überflüssig, zu erwähnen, daß alles erstklassiges Fabrikat, allen Anforderungen vollauf Genüge leistend. Werkzeuge für Bastler.
Lebhaftes Interesse erweckt die Koje, in der sämtliche Dastierwerkzeuge für Radioamateure, ferner alle Behelfe für Laubsägearbeiten zu sehen sind, von den einfachsten Beschlägen bis zur kompletten Pelikan-Werkzeugkassette, und zwar in allen Preislagen.

Schaufensterdekoration

Spitzenleistungen der Wiener Schaufensterdekorakionskunst dokumentiert die interessante Exposition des Schaufenster-Reklamefachmannes Schönberger, der heute als dominierend in dieser so wichtigen Branche anerkannt wird.
Man kann hier ein kleines Arsenal sämtlicher Dekorationsmittel bewundern, von der kleinsten zweckvollen Klammer bis zum dekorativsten Blickfänger.

Namentlich hingewiesen sei aus das in allen Kulturstaaten patentierte Universal-Dekorationsgerät .Schönberger" (Österr. Pat. Nr. 109379), das jedem Auslagedekorateur der Möglichkeit bietet, auch im kleinsten Raum seinen Warenaufbau übersichtlich zu arrangieren und zur Schau zu stellen.

Es ist hier wieder der Beweis erbracht, daß zielbewußte Arbeit, verbunden mit Wiener Geschmack, noch immer die würdige Anerkennung findet. 

Die Bau- und Adaptierungsarbeiten

Die in den letzten Monaten durchgeführten Bau- und Adaptierungsarbeiten am .Haus für Radio und Technik" haben aus einem alten, für die Zwecke eines technischen Ausstellungs- und Verkaufshauses nicht brauchbaren Objekt den modernen Rahmen für die Verkaufsstände der ausstellenden Firmen geschaffen.
Diese Arbeiten sind nach dem Entwurf und unter Leitung des Architekten A. V. Dr. Techn. Michel Engelhart ausgeführt worden, dem langjährigen Assistenten des Hofrates Baron Ferstel an der Technischen Hochschule. Im Erdgeschoß wurden die Gassenhauptmauern vollständig unterfangen und eine Passage mit zirka 50 Meter Schaufensterfläche angelegt.

Das Untergeschoß wurde zur Gänze einbezogen und mit moderner Ventilationsanlage versehen.

Eine Treppe verbindet den großen Radiosaal des Obergeschosses mit den Parterreräumen. Im 3. Stock befinden sich die Bureaus, die Telephonzentrale usw.
Die Innenräume sind in einfacher, aber wirkungsvoller Weise farbig behandelt.
Mit den schwierigen Baumeisterarbeiten hat die bekannte Firma Prokop, Lutz u. Wallner, 7. Bezirk, Seidengasse 18, wieder einen Beweis ihrer technischen Leistungsfähigkeit erbracht.
Der große Durchbruch der Fassaden maner in einer Breite von 15 Meter war eine komplizierte Aufgabe, insbesondere nachdem die Last von fünf Stockwerken zu unterfangen war.
Das Unternehmen, das zu den führenden der Branche zählt, hat unter andern die meisten Industriebauten im Rayon St. Pölten durchgeführt und wurde neuerdings mit einen beträchtlichen Test der Arbeiten beim Ban der Großglocknerstraße betraut.
Mit dem Bau des prachtvollen Außenportals, das der Neubaugasse weithin das Gepräge gibt, hat die bewährte Firma Bernhard Singers Söhne, 16. Bezirk, Heigerleinstraße 19-23, eine der größten und ältesten Firmen Österreichs, eine in künstlerischer und technischer Hinsicht hervorragende Leistung vollbracht, zumal sie in unglaublich kurzer Zeit ihre schwierige Aufgabe bewältigte.

Der Vorbau mit der riesigen Ciseinnarkise präsentiert sich ungemein wuchtig und weithin wirkungsvoll, aber auch die originelle Schaufensterpassage, die Scharrkästen innen, die Pulte und die Kojen verraten ebenso die Künstlerhand wie die Möbel, Bänke, Tische, Türen und Fenster. Das Außenportal ist als erstes Außenportal Wiens nach der neuesten Methode in "Spritzlackierung" in leuchtend rotem Farbton ausgeführt.

Innen ist alles in angenehm abgetöntem, braunem Eichenton gehalten, diskret und dennoch individuellen Geschmack dokumentierend.
Die Firma, die auf dem Gebiete des Portalbaues und der Innenarchitektur eine dominierende Position einnimmt, wird bei schwierigen Arbeiten mit besonderer Vorliebe zur Mitwirkung herangezogen.
An dem großen Eindruck, den die prachtvollen Auslagen machen, hat auch ein hervorragendes Verdienst die altrenommierte Firma Josef Reichhardt, 7. Bezirk, Neubaugasse 7, von welcher die gesamte Verglasung durchgeführt wurde.
Die technisch einwandfreie Arbeit findet allgemeine Anerkennung. Künstlerisch Hochwertiges hat auch diesmal wieder die Firma Bernhard Spielmann, 9. Bezirk, Liechtensteinstraße 8, vollbracht, von der sämtliche Beleuchtungsanlagen installiert wurden, insbesondere die wirklich großstädtische Reklamebeleuchtung.

Ein interessanter Versuch, der für Wien ganz neu aber vollständig gelungen ist, wurde mit der Anleuchtung der Fassade gemacht.
Die Front des Hauses erstrahlt im Scheinwerferlicht, die Lichtquellen aber (Anleuchtgeräte) sind verdeckt und im Markisenbau versenkt.
Die ganze Anlage macht einen imposanten Eindruck, dem sich auch der verwöhnteste Großstädter nicht entziehen kann.

Die Telephonanlagen,, die die einzelnen Abteilungen des Hauses untereinander verbinden, wurden von der Firma Siemens u. Halske A.G- 7. Bezirk, Neustiftgasse 72, geliefert.

Die schöne Treppe aus Eichenholz, vom Parterre zum I. Stock führend, wurde von der Patentschrebefenster- und Holztreppenfabrik Ingenieur H. Nikolaus, Wien, 13. Bezirk, Cumberlandstraße 49, angefertigt.

Die Dekorationsarbeiten wurden von der altrenommierten Firma Johann Josef Mayer, 7. Bezirk, Lindengasse 15, durchgeführt, und zwar in nach jeder Richtung hin exakter Weise.

Zu erwähnen die künstlerisch geschmackvollen Vorhänge und in der Abteilung „Wemka" die dekorativ wirkenden Bespannungen.
Die Firma ist bekanntlich spezialisiert für vornehme Wohnungsausstattungen, Spalier-, Tapezierer- und Dekorationsarbeiten, aber auch die Reinigung, Restaurierung sowie Aufbewahrung von Teppichen, Stoffen, Vorhängen, Stores und dergleichen ist ihr Gebiet.

Die äußerst gelungenen Malerarbeiten in Schwammwalze wurden von der bestbekannten Firma Eduard u. Alois Hacker, 5. Bezirk, Reinprechtsdorfer- straße 11, ausgeführt.
Wir sehen hier, daß mit einfachen, nicht übertriebenen Motiven die schönsten Effekte zu erzielen sind.
Sämtliche Anstreicherarbeiten wurden von der altrenommierten Firma Friedrich Macke, 4. Bezirk, Phorusgasse 12, auf das gediegenste zur Ausführung gebracht.
Von der seit einem halben Jahrhundert bestehenden Firma Schuhmacher u. Becher (Inhaber K. Steinbrecher), 12. Bezirk, Schönbrunnerstraße 152, wurden die geschmackvollen Marmorarbeiten ausgeführt. Schilder und Buchstaben stammen aus der seit 45 Jahren bestehenden Werkstätte Schildermaler Drimer, 1. Bezirk, Schottengasse 3.


Soziales Engagement:

Ein wirtschaftliche Entwicklung, die ihm ob sozial motiviert oder auch als Werbemaßnahme ihm erlaubte sich an der WINTERHILFE 1931 zu beteiligen wie u.a. im [Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe)] vom 2. Dezember 1931 oder auch [Der Morgen. Wiener Montagblatt] vom 30. November 1931 ausgeführt wird:

Die Firma „Haus für Radio und Technik",  Eugen Goldschmied in Wien, VII. Neubaugasse 3, hat sich entschlossen, der Aktion „Winterhilfe" für die Zeit von sieben Tagen, und zwar vom 1, bis 7. Dezember, 1 Prozent des Umsatzes an bar­ verkauften Apparaturen zuzuführen.

Vergleiche auch mit der Winterhilfe die die es eben schon VOR dem späteren NS WINTERHILFSWERK für Bedürftige gab mit der RAVAG Kohlenspende.


Auszug aus Werbeschaltungen von Goldschmied:

 Werbung Eugen Goldschmied 1931 RadioweltRadiowelt 1933 Werbung 1934

Bild: Radiowelt 1931, Radiowelt 1933, Radiowelt 1934, Beachte auch die sich ändernden Firmenwortlaute

Wie lange der Erfolg des Technikhauses währte versuchen wir hier nachzuvollziehen:

Victoria Neubaugasse 3Rund fünf Jahre später, wird in [Der Tag], vom 9. Juni 1935 die Neueröffnung des Wirtschaftshauses "Victoria" als Ein Riesenmagnet im Herzen von Mariahilf angekündigt.

Folglich das Haus der Technik da schon sein Ende gefunden haben mag.

An gleicher Adresse im Dezember 1935 finden sich nun Filmverleihanstalten wie RKO Radio Pictures und auch STAR Film Verleih andere wieder.

Auch Porzellanhändlern war an dieser Adresse wohl eine kurze geschäftliche Lebensdauer gecshieden wie ein Konkurs im März 1937 belegt.


 

Firmenstruktur:

Zur Zeit vor dem Radiogeschäft

Bis zum Einsetzen des Radiobooms war er Händler für Ledergalanteriewaren schon damals an der langjährigen Adresse in der Neubaugasse 19 situiert ehe mit 16. Juni 1924 die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens lt. [Illustriertes Wiener Extrablatt] bekannt gegeben wurde.  Ausgleichsanmeldung 1924

Davor war er gemäß [Wiener Zeitung, Anno] als verschuldeter Händler mit Ledergalanteriewaren im Ausgleich der am 29. August 1924 abgeschlossen war und er sich in Folge gewissermaßen mit dem Thema Radio neu erfand.

Anerkennung des Geschäftsführers

[Der Morgen Wiener Montagblatt] vom 22. April 1930 gab die Erteilung der Einzelprokura an den Geschäftsführer Herrn Bernhard WALTER bekannt der ja bereits zuvor so u.a. öffentlich in [Der Morgen] vom 7. Jänner 1929 als Schlüsselkraft genannt wurde.Prokura

War Goldschmied als Einzelunternehmer bisher eingetragen, so machten seine Expansion und der sicher erforderliche Finanzbedarf und Haftungen eine Wandlung in eine GmbH sowie das Hinzuziehen von Partnern erforderlich.

Interessanterweise ließ er sich etwas Zeit mit dem Nachführen der Gewerblichen Zuordnung, wenn erst in der [Wiener Zeitung] vom 29. März 1928 der nunmehrige Handel mit Radioapparaten und -bestandteilen sowie mit technischen Bedarfsartikeln im großen und im kleinen angeführt wird. Handel 1928

 

 

 

So heißt die Firma, (womöglich noch ZUSÄTZLICH zu seinem Einzelunternehmen) Eugen Goldschmied & Co. Ges.m.b.H, Wien VII, Neubaugasse 19 seit der Veröffentlichung in der [Wiener Zeitung], vom 20. Dezember 1931. 

Wien, 7. Bez., Neubaugasse 19, Eugen Goldschmied & Co. Gesellschaft m.b.H.

Betriebsgegenstand: Gewerbsmäßiger Handel mit Radioapparaten, Radiobestandteilen und technischen Artikeln.

Gesellschaftsvertrag vom 4. Dezember 1931. Höhe des Stammkapitals: 20.000 S; darauf geleistete Barzahlungen: 20.000 S. Geschäftsführer: Eugen Goldschmied und Bernhard Walter, Kaufleute in Wien. Vertretungsbefugt: Jeder Geschäftsführer selbständig. C 6, 128.

Gemäß dem [Zentralblatt 1933 Eintr. Handelsregister Österreich] vom 4.4.1933 wurden Eugen Goldschmied wie auch Bernhard Walter aus dem Firmenbuch gelöscht und Sigmund Silberschatz als Geschäftsführer neu bestellt.

Mit 24.11.1933 wird ebenso die Prokura von Bernhard Walter seitens Eugen Goldschmied, Neubaugasse 3 & 19 gelöscht.

Mit 10.8.1934 wird die Änderung lt. Beschlußes der General Versammlung vom 2.8 1934 bekanntgemacht wonach der Firmenwortlaut nunmehr: Warenhaus für Radio und Technik, Gesellschaft mbH, lautet.

Mit 28.1.1936 wird die Löschung des Geschäftsführers Sigmund Silberschatz bekanntgemacht, auf den die Eintragung von Ing. Emanuel Reischer, Kaufmann in Wien folgt. Adresse nun Neubaugasse 1 was das direkte Eckhaus zur Mariahilferstraße und gewissermaßen der "Eintritt" in die Neubaugasse dargestellt hat.

Emanuel Reischer wiederum fanden wir einst an der Anklagebank im Walter Prozess, der größten Insolvenz in der Radiobranche.

Noch beschäftigte man sich Werbewirkam gemäß [Radio Wien] vom 31. Jänner 1936 mit der Suche nach einem neuen Namen für das Etablissement:

Warenhaus für Radio und Technik

Man gab sich die Klinke in die Hand:

Mit 1.10.1937 wird die Löschung des Geschäftsführers Ing. Emanuel Reischer bekanntgemacht, auf den die Eintragung von Erich Grünspan, Beamter (Bezeichnung auch für Angestellte) in Wien folgt.

Als vorläufiges Ende der Recherchen wollen wir noch anführen wonach:

 Mit Beschluß der Generalversammlung vom 18.5.1938 (also nach dem "Anschluß" wurde der Gesellschaftsvertrag abgeändert in nunmehr: Emanuel Reischer, Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Über Reischer als Verfolgter wie auch als Kaufmann gilt es in Folge ein eigenes Kapitel aufzuschlagen.

Was uns obig noch fehlt, das sind Hintergründe der vielfachen Änderungen ab 1934 bis 1938 und welche Rolle hier Goldschmied spielte. War es "nur" wirtschfatlicher Mißerfolg?


 

Der große Radioskandal - die Verhaftung, betitelte die "Freiheit!" vom Mittwoch, 23. Dezember 1931.

Indiskretionen bzw. Selbstanzeigen lösten wie es hieß einen Skandal aus, der u.a. auch zur Verhaftung des Radiohändlers Eugen Goldschmied führte, der seinerzeit über sein eigenes geschäftliches Engagement hinaus auch im Verband der Wiener Radiohändler eine leitende Stelle* bekleidete.

Für uns heute 2025 durchaus von Interesse wird sein, dass es seinerzeit zwei Konkurrenzgruppen zum damals wirtschaftlich begehrten Thema der Radiotechnik gab.

Der dreitägige Prozess beinhaltete noch viele weitere Possen bis hin zu Morddrohungen, die wir hier aber zur Wahrung einer Übersicht nicht anführen werden. 

Zwei rivalisierende Gruppen im österreichischen Radiogeschäft

Die eine davon war der amerikanischen Firma Standard-Elektrik verbunden zu denen u.a. die Firmen Öst. Telephonfabriks AG, vormals Berliner sowie Czeija und Nissel angehörten. Firmen die wie so manch großer der Radiobranche urspünglich aus dem Telegrafen- und Telefonbau kamen.

STANDARD besaß zudem ein großes Paket an Berliner-Aktien.

Ein falscher Hase im Spiel?

Die Firma Berliner wiederum unterhielt enge Geschäftsbeziehungen mit Goldschmied, woraus sich für ihn ein gewisses Interesse an der Einrichtung der neuen "Vermittlungsstellen" ergab [Neue freie Presse, vom 23.12.1931].

Goldschmied, der in seiner Handelskammersektion wenn auch nicht unumstritten, als Händler am weiteren Verkauf von allen Arten von Radios und Bestandteilen interessiert gewesen sein müsste.

Die andere eher lose Interessensgruppe umfasste wiederum die uns geläufigeren Namen wie eben SCHRACK, EUMIG, ELZ (INGELEN), HORNY (HORNYPHON), KAPSCH usw.

Das Projekt der Radiovermittlungszentralen:

Das Ziel der STANDARD war es eine Konzession für sogenannte "Radiovermittlungszentralen" zu erlangen wofür auch bei den entsprechenden Entscheidungsträgern im Amt entsprechend interveniert wurde.

Was bisher etwas in der Darstellung "unterging" ist der Umstand, wonach STANDARD mit der Öst. Radio Verkehrs AG also der RAVAG zusammen, dieses dann auch als Endgerätemonopol in Ergänzung zum Sendemonopol aufbauen wollte.

Eine Million Dollar wollte STANDARD in Österreich investieren, die RAVAG zusätzliche zahlende neue Teilnehmer gewinnen und in Folge die Teilnehmergebühren ermäßigen.

Mehr zahlendende Teilnehmer und geringere Gebühren? Da kennen wir doch ein Déjà-vu aus dem Jahr 2024/25 mit dem ORF. 

So hieß es:

 Die Staatsanwaltschaft erzählt in ihrer Anklageschrift, daß am 28. Oktober 1931 bei der Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung ein Gesuch der Öst. Radioverkehrs A.G. (RAVAG) und der International Standard Electric Corporation in New York wegen Erteilung der ausschließlichen Konzession für die Errichtung von Radioempfangsanlagen mit drahtlicher Übertragung des Rundspruches an Teilnehmer einlangte.
Dieses Gesuch, das bei der Radioindustrie und bei den Händlern die größte Beunruhigung hervorrief, wurde der Abteilung 9 der Generalpostdirektion zur Behandlung überwiesen.
....
Vertreter der Radioindustrie und der Händlerschaft sprachen nun wiederholt beim Generalpostdirektor vor und suchten die Erteilung der Konzession zu Hintertreiben, von der sie eine Schädigung ihrer geschäftlichen Interessen befürchteten.
Und gerade im Dezember vor dem Weihnachtsgeschäft 1931 wurden diese Vorsprachen immer dringlicher, da man befürchtete, daß sich die Käufer angesichts dieser Neuerungen bei Anschaffung von Radioartikeln zurückhalten würden.
Ohne Frage hätte auch die Monopolisierung der Apparateerzeugung zugunsten der Standard Electric die österreichische Radioindustrie und die Händlerschaft völlig zugrunde gerichtet.
Hohe Interessen standen also auf dem Spiel.


Eine Anzeige wird erstattet. .....
Diese aufsehenerregende Anzeige war unterschrieben von Wolfgang Klimburg als Vertreter der Radiowerke E. Schrack A. E., von Wilhelm Modley als Vertreter der Firma Johann Kremenezky, von Karl Parel als Vertreter der Firma Kapsch & Söhne A.G., von Karl Vockenhuber für die Firma Eumig, von Ernst Singer für Ingelen.


In dieser Anzeige wird berichtet, daß die Radioindustrie wegen der befürchteten Konzessionserteilung an die Standard Electric auch mit dem Radiohändler Eugen Goldschmied Fühlung genommen hat.

Klarstellung zu den Radioverkehrszentralen, dem RADIO OHNE Apparat:

Es wollte also die RAVAG, die ja bereits ein Sendemonopol für den Inlands-Rundfunk an den Hörer inne hatte, nun auch eine Art drahtgebundene NF Übertragung als ein weiteres Monopol beantragen.

Der Hörerabonnent hätte seinen Kopfhörer oder Lautsprecher dann direkt an eine zur Verfügung gestellte Leitung in der Wohnung anschließen können. 

Dazu wären Radiovermittlungszentralen, also Empfangsgeräte mit entsprechender NF Verstärkung in den nächsten Postämtern, bzw. in den Häusern, bzw. den zusammenhängenden Häuserblocks aufgestellt worden und mit eigenen Telefonleitungen als eigenes Netz verteilt worden.

Die Hörerquote für Radio Wien wäre damit ungleich stark gewachsen da ja damit keine alternativen Sender mehr gehört werden könnten.

Auf ähnliche wenn auch nicht gleiche Drahtfunkradionetze (Berlin/Schweiz usw.) wie aber auch NF Rundspruchnetze wie im Ostblock bekannt, sei verwiesen. 

NF Radio in Österreich

In Österreich selbst gab es bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg in Gmunden Oberösterreich ein solches "Drahtradio" das zwar nur Radio Wien, dieses jedoch ohne Störungen übertrug was damals keineswegs selbstverständlich war.

Als Zuleitungsgebühr waren öS 120,- Schilling, zuzüglich der obligatorischen RAVAG Rundfunkhörergebühr, zuzüglich einer "kleinen" Gebühr für die Benutzung der Verteilungsstelle zu bezahlen.

Was der Hörer dann sparte, das waren Reparaturkosten aber mehr noch die damals relevanten Stromkosten (ca. 50 Wh, je Stunde) für einen Rundfunkempfänger.

In Salzburg wollte die RAVAG ab Anfang 1932 solche Einrichtungen aufbauen.

Ebenso gab es im weltgrößten zusammenhängenden Wohnbau, dem Wiener Karl Marx Hof, sowie in den Arbeiterhäusern in Steyr OÖ solche Einrichtungen.

Zumindest in letzteren beiden Fällen scheiterte das Fortbestehen, da nach der kostenlosen Probezeit kaum jemand die Separatgebühren bezahlen wollte (bzw. im Umfeld der Arbeitslosenzeit es womöglich gar nicht konnte).

Ob dieser Dienst, wäre er denn eingeführt worden tatsächlich die Mehrzahl der herkömmlichen Radiogeräte obsolet gemacht hätte darf bezweiflelt werden.

Für andere Programme außer Radio Wien wäre wieder ein normales Radiogerät erforderlich geworden.

Was schwerer wog, war, dass die Lautsprecher und Verteileinrichtungen aus den USA anstelle aus Österreich gekommen wären was die hiesige Industrie sicher geschädigt hätte.

Sturm im Wasserglas?

Einerseits ja, da die Konzessionserteilung bereits einen Tag vor der Selbstanzeige der Radiogeräteindustrie, also am 15. Dezember 1931 abschlägig beschieden wurde.

Man also als weitere Motive der "Selbstanzeige" nur ein mögliches Wiedervorlegen des Themas zu einem späteren Zeitpunkt annehmen kann.

Wo schon einmal eine Zahlung von öS 15.000,-Schilling für ein "käufliches Verzögern", sprich einer bestechlichen Einflußnahme im Raum stand.

All dies war also ein hochpolitisches Thema, was wie es scheint, und ohne hier zwangsläufig mögliche Resortiments gegenüber einem der Hauptangeklagen, dem jüdischen Eugen Goldschmied zu unterstellen, der Eindruck eines Stellvertreterkrieges bzw. das es um einen gesuchten wie gefundenen Sündenbock geht der letztlich unter Anrechnung der (12 Monate?) Untersuchungshaft gar fünf Monate einfachen Kerkers dafür ausfasste.

Goldschmied sprach sich letztlich gegen diese Konzession aus für die er ihm bekannte Sektionsräte mobilisierte. Dies wurde gegen ihm als Bestechung interpretiert und brachte ihm am Weihnachtsabend 1931 eine Haft ein wo es 14 Tage später hieß das er vollständig zusammengebrochen ist und von Weinkrämpfen geschüttelt wird.

Das bei der am 27. November 1931 stattfindenden Sitzung im Industriellenverband die Radiobauer selbst nur als nicht stimmberechtigte Gäste eingeladen waren mutet seltsam an.

Auch bemühte sich der Verband der Radiohändler um Distanzierung:

Wie die [Kleine Volkszeitung] vom 24. Dezember 1931 ausführt

Der Verband der Radiohändler Österreichs, Wien, 4. Schwarzenberg Platz 16, schreibt uns zur Verhaftung des Radiohändlers Eugen Goldschmied:

Wir bitten um die Feststellung, daß Eugen Goldschmied im Verband der Radiohändler Österreichs keinerlei wie immer geartete Funktion bekleidet und die von ihm unternommenen Schritte in keiner Weise mit dem Verband der Radiohändler Oesterreichs im Zusammenhang stehen.

Der Verband hat in Wahrung der Interessen seiner Mitglieder von jeher bei den kompetenten Behörden gegen die Errichtung von Rundfunkvermittungszentralen energisch Stellung genommen.  

 

Wäre es zu diesen Zentralen gekommen, die dann von der STANDARD ausgestattet worden wären, so führt der Artikel aus, hätte dies in Folge "zum Ruin sämtlicher anderen Radiofirmen" geführt wodurch rund 15.000 Menschen arbeitslos geworden wären.

Es darf angenommen werden, das es dann vermehrt US amerikanische Billigimporte zulasten der heimischen dann nicht mehr wettbewerbsfähigen Industrie gegeben hätte.

Mit den 15.000 in der Branche dann arbeitslosen Menschen haben wir erstmals auch eine Zahl der im damals erst wenige Jahre alten neuen Geschäftszweig um das Radio gelesen.

Wenig glaubhaft aber, da im Prozess 1932 plötzlich "nur mehr" von dann 4.000 arbeitslosen Arbeitern die Rede war.

Erst am 2. November 1932, also fast ein Jahr später kam es zur eigentlichen Hauptverhandlung worüber [Die Stunde] zu berichten wusste:

Zudem es weitere Angeklagte in der Causa mit dem "Verbrechen zum Mißbrauch der Amtsgewalt" gab, und die hinter ihnen stehenden Interessensgruppen wohl schützend auf sich selbst bedacht waren, wären sie doch Nutznießer von den jeweiligen Vereinbarungen geworden.

Diese Frage stellte sich offensichtlich nicht nur der Autor sondern auch damals schon kritische Journalisten wie hier im "Der Abend" vom Montag dem 28. Dezember 1931.

Bild: Die Frage "Was ist mit den anderen?" stellten sich offensichtlich nicht nur der Autor sondern auch damals schon kritische Journalisten wie hier im "Der Abend" vom Montag dem 28. Dezember 1931 dessen Motto "Wo es Stärkere gibt, immer auf der Seite der Schwächeren" lautete. Aktuelle Vergleiche zur österreichischen Immobilieninvestorszene 2025 tun sich da auf.

 

Die Betrachtung von der anderen Seite, dem privaten Hörer her:

Obig war von der öst. Radioindustrie und dem daran angeschlossenen freien Handel und deren Interessenswahrung die Rede.

Umgekehrt aber, wäre es wirklich zu einem großen verbilligten Angebot für den Endkunden, also dem Radiohörer geworden der sich mit einem dafür gut hörbaren Sender zufrieden gab, so hätte sich dieser mitunter nach den Jahren an der harten Detektorhörermuschel sich so erstmalig den Lautsprecherempfang leisten können.

Was aber eine (Massen-) Arbeitslosigkeit eben auch in Österreich spätestens ab 1938 bewirkte ist bekannt.

Diese auch abseits der Radioindustrie, hätte womöglich mit einer durch eine starke Inlandsnachfrage angekurbelte Wirtschaft anders aussehen können.

Was ebenso im Raum steht ist, warum nicht rein österreichische Firmen die zweifelsohne vorhandene einfache Technik angeboten und geliefert hätte was die Wertschöpfung im Land gelassen hätte?

Einerseits hätte sich stellvertretend Czeija & Nissl den eigenen Radiomarkt kanibalisiert.

Mehr aber muß angenommen werden, dass die hohen Kosten des Erstausbaues aller Anlagen amerikanisches Kapital nötig gemacht hätte.

Eine verbindliche Antwort bleibe ich schuldig.

Wie es ab 1938 mit plötzlich entstandenen Arbeitsplätzen weiterging können sie auch HIER am Beispiel des Schlossers Ferdinand KITTEL, Wien nachlesen. 

In der Schweiz, mehr noch in Großbritannien waren Mietmodelle für Endgeräte aber auch eigene Kabelnetze mit Mietempfängern bzw. Abonnements viel gebräuchlicher als in Österreich oder Deustchland.

Mit anderen Worten, höchstwahrscheinlich wäre auch in Österreich Platz für beide Geschäftsmodelle bestanden, wenngleich der (damalige) Kaufkraftabfluß in Richtung USA einen sehr schalen Beigeschmack hat(te).

 

Was ist eine Zentralstelle?

Auch das gehörte zum Gesamtbild der Geschichte:

Abgrenzung: Diese Zentralstelle, also Verkaufsstelle ist NICHT die oben angeführte "Rundfunkvermittlungszentrale" die technisch über Leitungen das Radioprogramm vermittelt.

Mit obiger Frage durfte sich das Handelsgericht Wien 1936 beschäftigen ("Die Stunde" 6. Sept. 1936), als eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs zwischen Eugen Goldschmied und dem ebensolchen unweit entfernt tätigen Radiokaufmann Rudolf Fleschner. Siehe meine Abhandlung über diesen Wiener Radiohändler der jedoch den Holocaust nicht überlebt hat.

So soll Fleschner den Schriftzug "Zentraleinkaufsstelle für Radioamateure und Elektriker" an seinem Geschäftsportal angebracht haben womit er direkt wie auch indirekt suggerierte das alle anderen Händler nur mehr eine Art Subhändler von ihm wären. Als Schaden werden öS 10.000,- Schilling beziffert.

Was daran rechtlich tatsächlich einen Zuspruch fand konnten wir noch nicht herausfinden.

Eine Schieflage in der freien Marktwirtschaft

Exkurs:

"Wir" kennen dies bei uns in Österreich ab den 1980er Jahren mit dem Begriff "Holland Blumenmarkt", der eben kein freier Markt für alle Arten von Blumenhändlern aus Holland war, sondern nur eine Geschäftskette die ausgesuchte Waren unter dieser Bezeichnung vermarktete.

Dieses taten sie aber nach einer "handelsrechtlichen Abklärung" fortan nurmehr unter "Holland Blumen Mark" mit fehlendem "t" im Firmennamen.

Jahrzehnte später finden sich nun (2025) "Handy Mark" Geschäfte die wohl ähnliches ausprobiert hatten.

 

Die Nachkriegszeit - Ein Neuanfang als Radio-Elektro-E. Goldschmied & Co.

Goldschmied & Co, Wien Portal

Das eindrucksvolle Portal, das neben dem Flotten-Kino jede Menge Laufkundschaft anwarb. Die damalige Währung für Ladenbesitzer lautete Lage, Lage, Lage und die Anzahl der Laufmeter der möglichen Schaufenster. Aus [Erlaufthalbote 28. November 1953]. Anklicken für die Werbeschaltung!

 Februar 1953. Nun als Goldschmied & Co firmierend an der neuen Adresse.

Werbeschaltung aus Februar 1953. Nun als Goldschmied & Co firmierend an der neuen Adresse.

Wie die [Radiotechnik] 2/1953 schreibt, gelang es Goldschmied 1953, nebenbei in dem Jahr der Einführung von UKW Rundfunk in Österreich

nach langwierigen Restitutionsverhandlungen, im beschönigenden neutralen Jargon bezeichnet als zurückgekommen "Bereichert um die Erfahrungen in den westlichen Ländern" sein Geschäft neu aufzubauen.

Am Puls der Zeit beweist die Werbeschaltung aus dem Wiener Kurier vom 14. September 1953 gleich mit dem neuen UKW Radios

Am Puls der Zeit beweist die Werbeschaltung aus dem Wiener Kurier vom 14. September 1953 gleich mit dem neuen UKW Radios

Von nun an an der Adresse Mariahilferstraße 85-87, die im Vergleich zur davon abgehenden Neubaugasse um das gewisse Etwas noch hochwertiger galt.

Hochwertiger jedoch in unterschiedlicher Betrachtung wie wir noch lesen werden.

Zum Verkauf und der Beratung kamen noch ein Reparaturdienst mit eigener Vertragswerkstätte hinzu.

Wiener Kurier vom 31. Mai 1954, wo man gar einer Förderaktion der Gemeinde Wien vorgriff

Werbung aus dem Wiener Kurier vom 31. Mai 1954, wo man gar einer Förderaktion der Gemeinde Wien vorgriff um schon einmal den Umsatz zu sichern.

Bei einem Branchenwechsel gab es keine Rückstellung

Dem Autor bisher nicht bekannt waren die zudem mehrfach geänderten und erweiterten Feinheiten des Rückstellungsgesetzes für unrechtmäßig enteignetes Gut in Verbindung der NS Zeit ab 1938.

So musste Eugen Goldschmied 1938 sein Lokal in der Neubaugasse 19 einem "Ariseur" überlassen, der wiederum das Lokal an den Kaufmann Karl Mayer veräußerte.

Für die Adresse Neubaugasse 17 wird mit 20.5.1938 als Firmenwortlaut Goldschmied's Nachfolger Karl Spalek, ein Kaufmann aus Brünn eingetragen. Was mit 21.10.1938 auf Radiohandel Karl Spalek geändert würde.

Da in Kriegszeiten Radioapparate rar wurden verlegte er seinen Branchenschwerpunkt auf den Verkauf von Lustern.

Sich mit diesem vermeintlichen "Branchenwechsel" vor der Rückstellung zu sichern scheiterte, da sich Mayer seinerzeit bei ansuchen um Genehmigung hierfür darauf berief das auch der Vorgänger, also Goldschmied bereits Luster verkaufen durfte.

Alles hing dabei an einem glücklicherweise erhalten gebliebenen Originalansuchen als Schriftstück. Sonst wäre wohl zu gunsten des später besitzenden Entschieden worden.

 

Der "innere Wert" der Neubaugasse in Wien

Etwas komplexer und realistischer für diese Fälle der Restitution, in denen der einst Enteignete noch zu Lebzeiten eine "Wiedergutmachung" und in gewissem Maß eine Reputation seines Lebenswerkes in Wien erfuhr beschreibt es die Zeitung >Neues Österreich< vom Sonntag, 8. Februar 1953.

So führt Goldschmied's Anwalt Dr. Dekara an, wonach die alte Adresse in der Neubaugasse für Radiotechnische Artikel und der zugehörigen Kundennachfrage ungleich mehr denn einem Geschäft an der Haupteinkaufsstraße der "Mariahilferstraße" wert sei.

Sachverständige bestätigten diese Ansicht, wonach damals wie heute (1953) die Neubaugasse als "technisches Viertel" für etablierte Spezialgeschäfte des Radiobestandteilhandel galt. Auch 1953, als es mit dem Boom des Radioselbstbaues schon deutlich zu Ende ging waren noch etwa ein Dutzend dieser einschlägigen Firmen tätig.

Bevor jedoch die Rückstellungskommission diesen Wert in Schilling zu bewerten hatte, kam es zu einem Vergleich, wonach Eugen Goldschmied an Karl Mayer öS 35.000,- Schilling jedoch für das Lokal in der Mariahilferstraße zahlte.

Worin der Gegenwert der Zahlung bestand ist nicht bekannt, jedoch wollen wir es hier als üblichen Geschäftsvorgang für womöglich größere Räume oder einem Warenbestand annehmen.

Das Privatleben von Eugen Goldschmied

Es finden sich umfangreiche Unterlagen im Internet von der IRO - International Refugee Organization zugänglich, die uns zumindest für bestimmte Zeitabschnitte und Ereignisse ein paar Einblicke ermöglichen.

Goldschmied

Passbild von Eugen Goldschmied aus den IRO Unterlagen geschätzt um 1950

Eugen Goldschmied, geboren 6.10.1890 (in Szombathely Ungarn), und verstorben im 64. Lebensjahr dem 16.11.1954,

Sein Vater Max Goldschmied, Kaufmann, war zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach den USA verzogen. Da er keine Angaben zum Todesjahr machen konnte kann angenommen werden dass der Kontakt, sei es den Umständen oder familären Beziehungen geschuldet nicht mehr bestanden hatte.

Seine Mutter Katharina, geborene Wohl, Hausfrau war bereits vor dem 2. WK verstorben.

Die Volksschule von 1896 bis 1900 wie auch die Bürgerschule 1900 bis 1904 besuchte er in Steinamanger, wie Szombathely damals auch hieß. In Folge er in der Sprachen Deutsch, Ungarisch und wohl später auch als Fremdsprache des Französischen mächtig war.

Die Übersiedung selbst, der Zeitpunkt und die Umstände ins rund 140 km entfernte nördlich gelegene Wien zu ziehen sind nicht bekannt.

Allgemeine bessere wirtschaftliche Perspektiven in der Hauptstadt des Kaiserreiches bis 1919 dürfen angenommen werden.

Aber auch, wonach nach 1919 mit dem Zusammenbruch des einstigen Kaisserreiches sich die politische Landkarte begann zu verschieben.

Zur möglichen Militärzeit:

Die Verlustlisten des 1. Weltkrieges weisen einen Eugen Goldschmied (passend zur Militärpflicht und dem Alter), wir wollen annehmen es handelt sich um diesen wenngleich es in Ermangelung eines angeführten Geburtsdatums unsicher bleibt, mit 31.8.1915 als verwundet aus.

Dies als Kadett i.d.Reserve, im Infanterieregíment 21, 10 K.

Der Pester Lloyd vom 21. August 1916 führt ihn im Rahmen der Augustbeförderung in einer langen Liste "Der König hat ernannt zu Leutnants i.d. Reserve".

Mit 24. März 1917 führt das Grazer Tagesblatt für Eugen Goldschmied die kaiserliche belobende Anerkennung mit den Schwertern an.

Familäre internas in den Zeitungen:

Das [Illustrierte Wiener Extrablatt] vom 4. Juni 1922 schildert mehr als ausführlich "Eine rätselhafte Ehebruchsaffaire" an, in die Eugen Goldschmieds (verm. erste) Frau Erna mit Wohnungsnachbarn verwickelt war. Von einem Lokal das nur unter großen Anstrengungen und Opfern zu mieten gelingen könne war dabei die Rede. Aber auch von Anzeigen wegen Veruntreuung sowie Treffen im Cafe Mariahilf.

Am 22. Juni 1922 folgte die [Illustrierte Kronen Zeitung] mit dem Titel "Die Leidensgeschichte eines Hausfreundes" zum Thema. Goldschmied kommt dabei als der "dem Hörner aufgesetzt wurden" nicht gerade gut weg. Von drei Kindern war die Rede. Und einer "etwas problematischen" Frau.

 

Sich gerne in den Medien dargestellt sehen?

Kriminalbeamte im Schlafzimmer aus [Die Stunde] Anno

So führt es eine Schlagzeile vom 19. November 1930 in [Die Stunde], zugegebenermaßen ein populistisches Boulevardblatt jener Zeit aus:

Dies kann mitunter angenommen werden und mag vielleicht Teil einer damalig medialen Omnipräsenz gewesen sein.

Der Artikel gibt uns auch gleich Einblicke in die augenscheinlich von Wohlstand geprägten Familie, wenn von einem Dienstmädchen und einem Chauffeur die Rede ist.

Zudem die Wohnadresse Wien 6, Ezterhazygasse 25 genannt wird, alles in kurzer Gehweite zum geschäftlichen Umfeld der Mariahilferstraße stehend.

Von dort war der Hausherr "Als Chef des "Hauses für Radio und Technik" wo er bis 4 Uhr früh die Auslagen neu arrangiert hatte wie er ausführt dann zu Hause gegen 6 Uhr früh aufgrund einer Nummern- und Namensverwechslung von der Polizei "überfallen" worden. "Ein Vorgehen das in einem Kulturstaat nicht vorkommen dürfte" wie Goldschmied ausführte.

Ebenso genannt ist dort der Familienstand mit Frau, einer Tochter und einem Sohn. Hier also von zwei Kindern.

©Google Maps Streetview 2025

Bild: Das den Krieg überstandene und stilvoll erhaltene Gründerzeit Wohnhaus in Wien VI, Esterhazygasse 25 unweit all des Trubels seiner geschäftlichen Tätigkeit an der nächsten Hauptstraße der Mariahilferstraße in der damals die Goldschmied's gewohnt haben dürften. ©Google Maps Streetview 2025.

Zur Info: Wien 6 war zum Teil durch die dort vorhandenen heute noch existenten Flakbunker vergleichsweise gut geschützt.

Es ist aber umgekehrt vielleicht die Ablaufschilderung zum wirtschaftlich, sozialen Aufstieg von Goldschmied.

Für 1933 bis Juni 1938 wird er in den IRO Unterlagen als selbstständiger technischer Kaufmann bezeichnet.

Ob nur die Zeiten ab 1933 abgefragt wurden oder möglicherweise, das er bewußt frühere "Konflikte mit dem Gesetz" ausgeblendet hat sei dahin gestellt. 

Indizien für Wohlstand in der Zwischenkriegszeit

Wohl dienstlich wie privat besaß er bereits lt. KFZ Verzeichnis Wien 1937 einen Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen A5294 auf seinen Namen auf die Neubaugasse 19 zugelassen.

Zeitgleich ein weiterer PKW, ein Steyr XII war mit dem Kennzeichen A17302 ebenso auf ihn zugelassen, jedoch an der Adresse Neubaugasse 17.

Doch schon wie oben ausgeführt wird auf seinen Chauffeur und eben schon einem Auto in der Garage stehend hingewiesen.

Als augenscheinliches Mitglied des >Österreichischer Kleinauto-Club< war er lt. [Die Stunde] vom 24. April 1927 ebenso bei Veranstaltungen teilhabend.

Radio im Auto 1929Dazu passen auch seine Werbeschaltungen, idealerweise für damals neue "Radio im Auto" in der Zeitschrift [Österreichischer/Europa Motor] von 1929, Nr. 6, S.21

 

 

 

 

 

 

 

(Hinweis: Damals "vor Hitler" war das dauerhafte Parken eines KFZ auf öffentlichen Straßen in Wien nicht zulässig.)

Steyr XII

Angenommen wird, dass die KFZ ab 1938 zwangsweise veräußert oder gar enteignet wurden was in Verbindung mit dem allgemeinen Entzug aller Führerscheine bzw. Fahrerlaubnissen für jüdische Bürger galt.


Seine Frau Anni

Goldschmied

Passbild Frau Anni Goldschmied, geborene Anni Becker geschätzt um 1950 aus den IRO Unterlagen

In augenscheinlich zweiter Ehe war er mit der 15 Jahre jüngeren Frau Anni, am 8.5.1905 geborene Becker aus Billighain (Billigheim) Rheinl./Pfalz Deutschland wo sie 1912-1916 die Volksschule besuchte und 1916-1922 die Mittelschule, seit dem 22.2.1944 in St. Cerque Schweiz (Internierungslager) bis zu seinem Tod verheiratet.

Sie war als Aufsicht im Rothschildspital in Paris von 1933 - Mai 1940 tätig und wie er wenn auch nur einige Monate 1940 im Internierungslager in Frankreich. Anschließend als Gelegenheitsarbeiterin von Oktober 1940 bis September 1942 in Lion und Toulous. Anschließend in verschiedenen schweizer Internierungslagern wie Adliswich, Leysin, Cerque, Lugano bis zum Kriegsende.

Von seiner ersten Frau Erna, vielleicht auch weiteren Beziehungen war er hier wohl schon getrennt bzw. geschieden.

Seine Flucht dürfte nach dem Juni 1938 aus Österreich erfolgt sein, wo er sich bis September 1939 mit "geschäftlichen Vertretungen" in Paris aufgehalten hatte.

Weiter nach Melun als Soldat der Fremdenlegion nach Afrika bis Februar 1940 als Frankreich noch nicht okopiert war.

Diese sehr kurze Zeit als Fremdenlegionär läßt auf eine entweder Verwundung oder vorzeitige Entlassung aus dem Dienst aus welchen Gründen immer schließen.

Wieder zurück nach Paris bis März 1940 war er arbeitslos.

Dann noch vor dem Deutschen Angriff auf Frankreich wird von März 1940 bis September 1942 ein KZ, hier womöglich als Internierungslager zu interpretieren in St. Nicola, Camp de Gurs (Guers) angeführt. Siehe auch Wikipedia zum Lager in Französischer Verwaltung (!) stehend.

Von dort heißt es er sei befreit worden und von Februar 1941 bis September 1942 als arbeitslos in Lion illegal lebend.

Weiter bis August 1945 im KZ (Internierungslager) Bueren in der Schweiz, (Langenbruck) wo er befreit wurde. Siehe auch Wikipedia zum Lager wo "unerwünschte Personen" interniert waren. Dazu passend auch der damalige Ausspruch "Das Boot ist voll".

Im Mai 1946 ließen sie sich im amerikanischen Konsulat in Paris für die USA registrieren.

Von dieser Zeit bis September 1948 schlug er sich mit verschiedenen Vertretungen und Gelegenheitsarbeiten über Wasser.

Am 30. September 1948 gelangte er über Deutschland legal mit dem Zug nach Wien wo sie letztlich in der Singerstraße 30/54 Wien 1 seit 1.12.1948 hauptgemeldet waren und wie es hieß täglich auf das US Visum warteten da sie in Wien und Europa aufgrund der vielen Jahre in KZ's keine Lebensperspektive und auch keine Existenzmöglichkeit mehr sahen und Familie in den USA hatten wie die Protokolle, gezeichnet am 7. September 1951 sowie anschließend 26.9.1951 belegen.

Genannt wird ein Cousin Paul Feitler, lebend in Chicago, 1119th 54 Place, Illinous 15. der ein "Affidavit" (Bürgschaft) für sie ausstellte.

Dazu passend, wonach Burgenlands größte Gemeinde die in Chicago aufgrund der Auswanderungen um 1900 aufgrund der eher bescheidenen wirtschaftlichen Perspektiven war.

So hieß es zum Thema und Nutzwert des österreichischen Kurzwellenfunkdienstes als Zweck der Verbindung in die ehemalige Heimat auch hieß. Erst mit dem Eintritt zur EU ab den 1990er Jahren und den Regionenförderungen wandelte sich dieses Bild gänzlich.

An Zwischenwohnorten gab es Wien IV, Müllergasse 46 bei Celles wohl als Untermieter sowie Wien 1, Hotel Kaiserin Elisabeth.

Man ersuchte um Reisespesen, da er nur von Gelegenheitsarbeiten lebte, zudem in ärztlicher Behandlung stehend war. Weiters sie nur von Reserven und dem Verkauf ihres Schmucks lebten. 

Firmenprotokollierung aus [Wiener Zeitung] vom 28. Juni 1949

Firmenprotokollierung aus [Wiener Zeitung] vom 28. Juni 1949.

In dieser Zeit Mai bis Oktober 1949 war Goldschmied Teilhaber der Fa. Walter Lehner & Co, einer offenen Handelsgesellschaft, Wien 1, Himmelpfortgasse 17 einem Textil-Großhandel mit Mode und Schnittwaren.

Wegen Mangel an Kapital wurde diese Firma jedoch kurz darauf folgend wieder aufgelassen.

Bekanntmachung der Liquidation

Es folgte in [Wiener Zeitung] vom 30. Oktober 1949 die Bekanntmachung der Liquidation.

Er nahm einen Gewerbeschein für den Großhandel mit Galanterie- und Dijouteriewaren (modische Accessoires und Kleinigkeiten, als Gebrauchsgegenstände) was er aber nicht ausgeübt hat und mit 1.1.1951 zurückgelegt hat.

Ausgestellt wurde auch ein Opferausweis wie er nach damaliger Regelung für betroffene Personenkreise Vergünstigungen wie etwa Freifahrten bzw. Sondertarife erlaubte in Anspruch zu nehmen. 

Der Aufenthalt in Wien war lediglich zur Klärung der Restitutionen des Wiener Geschäfts und der Visaerteilung für die Abreise nach den USA gedacht.

Frau Anni wiederum wartete auf den Rückstellungsprozess für ein Haus in Billighain/Deutschland.

Die in mehrfachen Sitzungen bzw. Vorstellungen und Interviews zusammengefassten Informationen des IRO und vor allem das aufwendige Beibringen aller Unterlagen und Dokumente als Vertriebener muß nervenaufreibend gewesen sein.

Hinzu kommt die damalige generelle Art wie man auf einem Amt (auch als normaler Bürger) in Österreich behandelt wurde.

Siehe dazu die sicher authentisch wirkenden Filmszenen in "Hofrat Geiger" zum Verständnis.

Die Wahl des Wohnortes in Wien 1 mag den Vorteil und ein wenig Schutz des Viermächte Status des Wiener Ersten Bezirks gehabt haben in der in vier Zonen geteilten Stadt.

Auch dieses Thema ist in zeitgenössischen Filmen wie u.a. "Der dritte Mann" gut nachvollziehbar dargestellt. 


Es folgt hier obig beschriebener Wiedereinstieg in seine erste Branche mit der Geschäftstätigkeit ab 1952 mitunter in Verbindung mit der Restutition bzw. neuen Geldgebern als Partner. An dieser Adresse war man dort schon 1949 vertreten.

GoldschmiedIm [Wiener Kurier] vom 27. März 1952 etwa bot Goldschmied u.a. Stoffe an.

ZeughosenIm [Wiener Kurier] vom 29. August 1952 etwa bot Goldschmied Zeughosen an.

Ähnliche Anzeigen finden sich u.A. auch in [Burgenländisches Volksblatt] sowie [St. Pöltner Bote], [Salzburger Nachrichten], [Wiener Kurier] und [Innsbrucker Nachrichten] also überregional Beworben. 


Das Lebensende

Ungeachtet des wirtschaftlichen Wiederaufstiegs dürften die Strapatzen und der Kampf um eine Teilwiedergutmachung ihm zu schaffen gemacht haben.

Hinzu dürfte seine Gesundheit, er zudem nicht mehr der jüngeste war sicher auch in Verbindung mit den Lageraufenthalten und der Flucht selbst angeschlagen gewesen sein.

Kurze Zeit später nach dem Wiederaufbau des Geschäfts 1954 ist er erkrankt und in einem Krankenhaus verstorben.

Todesanzeige

Todesanzeige über gar vier Spalten breit mitunter auch als Zeichen des wirtschaftlich wieder Erreichten im [Neues Österreich] vom 18. November 1954 sowie die zweispaltige Danksagung der Teilnahme ebenda am 26. November 1954.

Danksagung der Teilnahme

Begraben ist er am Zentralfriedhof Wien, Tor IV, Gruppe 8/ Reihe 1/ Grab 9 wo in freundlicher Weise mir die IKG-Wien auf Anfrage die Existenz des Grabes, jedoch in einem nicht mehr lesbaren Zustand der Inschriften bestätigte.

Zu erkennen ist eine eher schlicht und einfach gehaltene Grabstelle.

Seine Frau Anni liegt ebenso im Grab von Eugen Goldschmied an der Seite ihres Mannes wo sie 1980, rund 25 Jahre später 75 jährig ebenso beigesetzt wurde.

Angeführt werden 1954 noch indirekt Kinder die er als Vater hatte sowie ein Geschwister der ihn als Onkel anführen läßt. Ob dies die drei Kinder aus früherer Ehe waren?

Ob und in welchem Ausmaß er gemäß der jüdischen Tradition oder rein sekularisiert lebte ist ebenso derzeit nicht bekannt.

Vorläufiges Fazit:

Ein ereignisvolles intensives durch äußere Umstände genötigtes zerissenes Leben, das vom Kampf um einen wirtschaftlichen Erfolg mit vielleicht grenzwertigen Methoden, brancheninternen Anfeindungen über die Verfolgung ab 1938 bis hin zum Überleben des Holocausts in Frankreich und der Schweiz führte.

Der Auseinandersetzungen um die Rückstellungen und vielleicht eine kurze Zeit der Bestätigung des einstigen Erfolgdenkens ehe die körperliche Kraft dem wieder rasch ein Ende setzte.

Auf diese Weise letztenendlich "dieser Goldschmied" ebenso aus der Wiener Radioszene verschwand.

Das Überleben als damals schon knapp 50 jähriger, letztlich am Ende des Krieges und der direkten Verfolgung 55 jährigen hatte seinen Preis. 

So kostete ihn der Wiedereinstieg bzw. das Anknüpfen von 1945 bis etwa 1952/53 rund 7 Jahre die so letztlich hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung gesehen, womöglich auch in Zusammenhang mit privaten Perspektiven verloren waren. 

Ab etwa 1948 ging es ja langsam aber sicher nach und nach auch in Österreich wieder bergauf und es gab etwas zu verkaufen und kaufen in der Bevölkerung als das was wir später als das Wirtschaftswunder bezeichnet bekamen.

 Quellen (Auszug):

  1. Einträge in FINDBUCH zum Thema Eugen Goldschmied, Neubaugasse 17-19, 1070 Wien in Verbindung mit den NS Verfolgungen

  2. Anno, Radiotechnik 2/1953

  3. Anno, Diverse Werbeschaltungen und Gerätevorstellungen

  4. Anno, Freiheit!, Mi, 23. Dezember 1931 zu verhaftung

  5. Anno, Das Kino Journal, 21. September 1929 Werbung

  6. anno, Neue freie Presse, 23. Dezember 1931

  7. IRO Dokumente zu Goldschmied

 


Suchbegriffe: Radiohändler Eugen Goldschmied Wien, Anni Goldschmied, Internierungslager, Restitution,


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© Textzusammenstellung 1-6/2025; W. Scheida/Wien Medienhistoriker, zu  www.scheida.at gehörend

Letzte Überarbeitung: 20.07.25