Bild: Vertrautes Design auch am anderen Ende der Welt. Die erste Generation an PHILIPS PAL Farbfernsehgeräten in Australien. Hier jedoch mit einem mechanischen VHF Trommeltuner anstelle der bei uns bekannten sechs Programmtasten.
Zur Einstimmung:
Australien mit einem 50 Hertz Stromnetz hatte etwas später als Europa, dann jedoch mit gleich drei s/w Fernsehdiensten (Programmen - Ein staatliches und zwei kommerzielle Sender) im VHF Band nach Norm B (also ident wie Europa, jedoch mit einem anderen Kanalraster) erst 1956 zum Anlass der Olympischen Spiele mit gar 39 Geräteherstellern begonnen [3/382977].
Fernsehstandard nach CCIR B(/G) PAL, jedoch ein anderes VHF Kanalraster! UHF wurde erst in späteren Jahren in Australien ausgestrahlt.
Die Situation in Australien
Nachstehender Anachronismus in der Technikgeschichte war mir bis vor kurzem unbekannt. Und ich nehme an dies gilt auch für die meisten meiner deutschsprachigen Leser.
War doch, was das Thema Einführung des Farbfernsehens betrifft fast jede Nation bemüht wenn möglich und als Prestigesymbol der eigenen Wirtschaftskraft gleich vorne mit dabei zu sein.
Bisher kam mir in meinen früheren Recherchen nur Italien vor die Zeilen, ein Land dessen industrialisierter Norden mit u.a. Firmen wie ZANUSSI als Fernsehgeräteindustrie samt zugehöriger Kaufkraft ebenso schon ab Ende der 1960er Jahre färbig hätte sein können.
War es auch, aber nur auf der Empfängerseite wo u.a. mittels illegal errichteter Relaissenderketten die Farbbilder aus dem Ausland einstrahlten bzw. wiederausgestrahlt wurden.
Politisch hielt sich die Regierung mit der notwendigen Grundsatzentscheidung für ein PAL oder SECAM Systemvotum zurück, ehe letztendlich 1975 mit einer Zusage zu PAL Fakten geschaffen wurden.
Bzw. aber die Politik den geschaffenen Fakten in Form des bereits vorhandenen PAL tauglichen Farbfernsehgeräteparks in den Haushalten folgte.
In Australien war es ähnlich, aber eigentlich doch ganz anders. Lesen Sie selbst
1949 | Australien definiert 625 Zeilen als Fernsehstandard [6] |
1950 | Australien bereitet seinen Fernsehdienst vor [2] |
1951 | Australien baut zunächst eine Musterfernsehstation [3] |
1952 | Zwei Jahre soll es noch bis zur Fernseheinführung dauern [4] |
1954 | Zwei Jahre soll es noch bis zur Fernseheinführung dauern [5] |
1955 |
12 Firmen bereiten sich auf TV
(Geräte) Fertigung vor [7] |
1956 |
Australien hofft bis zur Olympiade im
Nov 1956 seinen Fernsehdienst eröffnen zu können [8] |
16.9.1956 |
Nach
zwei
staatlichen folgen zwei kommerzielle australische Sender mit Aufträgen für TV
Sender (aus England). Es ist die Herald Sun Television Ltd., & Amalgamated Television Services ATS [9], Lieferungen u.a. nach Australien von der deutschen Fernseh GmbH an die Television Corporation Ltd., Sydney [10] |
1962/63 | Hersteller von Farbfernsehgeräten führten Demonstrationen durch [11] |
2/1969 | Die Regierung definierte letztlich PAL als Übertragungsstandard für die Farbe mit einer 18 monatigen Übergangszeit in der spezifische Modifikationen noch definiert werden konnten. 1973 sollte die Einführung erfolgen. |
15.2.1972 | Ankündigung durch den Premierminister das Farbfernsehen am 1. März 1975 eingeführt werden wird [11]. |
7.10.1974 | Ausstrahlung regulärer zeitlich limitierter Testbild-Farbsendungen zu Testzwecken der Industrie und des Handels. Mit 10.10. wurde dies auf Sportübertragungen erweitert. |
1. März 1975 | PAL Farbfernsehen offiziell eingeführt bei 2,5 % bereits farbtauglicher Haushalte [12], und mit Juli 1976 bereits 17 %. |
1976 | Alle neu verkauften Fernsehgeräte müssen auch einen UHF Tuner bzw. zumindets eine Nachrüstbarkeit besitzen [12] |
1978 | Nur drei Jahre nach der Einführung des Farbfernsehens waren in Sydney 70% der Haushalte und in Melbourne 64% der Haushalte bereits mit einem Farbfernseher ausgestattet. Es waren rund drei Jahre gedacht bis wirklich alle über 130 Sender im Land farbtauglich ausstralen konnten. |
CCIR B Australien |
CCIR B Europa |
0*
|
2 |
1* | 3 |
2* | 4 |
6 | 5 |
7 | 6 |
8 | 7 |
9 | 8 |
9A | 9 |
10** | 10 |
11** | 11 |
12 | 12 |
* Die Kanalabstimmung bedarf der Feinabstimmung!
Anders als wir in Europa mit der von anbeginn an leider politisch motivierten Teilung des färbigen Bildschirmes war für das im Commonwealth eingebundene Land Australien ein Nachfolgen auf die britische Einführung des PAL Farbfernsehstandards letztlich eine weitgehend logische Konsequenz.
Technisch war dies nach Überlegungen eine 625 Zeilen Variante des NTSC Systems zu wählen bald zugunsten von PAL abgeklärt und erste Sendeanstalten begannen entsprechende Ausrüstung anzuschaffen.
Wenn auch später, so doch noch in den 1960er Jahren wurde PAL politisch als Standard festgelegt.
Als zumindest einer der Gründe warum es zu einer deutlichen Verzögerung der Einführung dieses Prestigeprojektes kam, war wie es hieß auch dem Vietnam Krieg und seinen Auswirkungen auf Australien geschuldet.
Im Februar 1972 (Info: Britische BBC 2 Einführung des PAL Farbfernsehens war 1966) kündigte die Australische Regierung an, wonach alle Australischen Fernsehstationen im März 1975 auf Farbe umstellen würden.
Diese fernsehtechnische Um- oder besser Aufrüstung war mit $46 Millionen für die staatliche Fernsehgesellschaft ABC und mit $70 Millionen für die kommerziellen Fernsehstationen veranschlagt worden.
Einige Stationen hatten bereits farbkompatible Ausrüstung installiert und so wurden mit 7. Oktober 1974 Versuchssendungen in Farbe ausgestrahlt.
Als wäre es ein schlechter Witz: Als am 1. März 1975 die Stationen offiziell auf Farbe aufschalteten (C-Day) hieß eine der ersten Sendungungen mit dem Titel "Die schwarz-weiße Minnesänger-Show" (The Black and White Minstrel Show).
Selbst Neuseeland konnte schon im Oktober 1973 die Eröffnung der neuen Oper in Sydney in Farbe verfolgen. Im Inland selbst war das noch nicht möglich.
Der späte Beginn aber war womöglich der Grund, weshalb Australien den schnellsten Übergang von den bisherigen s/w Empfängern hin zu Farbempfängern in den Haushalten hatte.
1978, also nur drei Jahre nach der Einführung waren in Sydney 70% der Haushalte und in Melbourne 64% der Haushalte bereits mit einem Farbfernseher ausgestattet [Teilauszüge und Übersetzt aus 1].
Hier sei zum Verständnis erwähnt, das Australien sowie auch England ein ausgeprägtes Mietgeschäft in Sachen Fernsehgeräte aber auch für Audiogeräte wie etwa Hi-Fi besaß.
Dies im Gegensatz zum "bei uns" gebräuchlichen Barkauf bzw. Ratenkauf, der letztlich stets in das Eigentum des Käufers überging was aber dann auch die eigene Kostentragung für allfällig nötige Reparaturen betraf.
Der einstige Techniker und Autor Mr. Keith Walters beschreibt in seinem Artikel aus 2005 seine umfassenden Erinnerungen an seine Anfänge 1972 in diesem Metier.
Es gab eine noch überschaubare Typenzahl an Röhrenfernsehgeräten die dem Techniker es ermöglichten nur das relativ leichte Chassis beim Kunden auszubauen und in einem Servicefernseher in der Werkstatt dann zu reparieren was das schwere Herumschleppen der Geräte zumindest deutlich verringerte [1]
Mieter von Geräten hingegen diese Kosten nicht hatten bzw. gleich auf ein dahinter stehendes Servicenetzwerk zugriff hatten.
Zum Nachteil aber wie wir es heute von "kostenlosen" Smartphones zu einem Telefonanbietervertrag her kennen diese auch bis in alle Ewigkeit letztlich vielleicht sogar mehrmals den eigentlichen Gerätewert als Miete bezahlten. Genannt werden in [2] $39,- Jahresmiete für ein s/w Gerät.
Zum Vorteil wiederum gereicht, das ein Mieter lediglich eien Aufzahlung leistetet um eben nach Jahren der s/w Zeit auf Farbe umzusteigen. Ein Käufer wird hier anders rechnen müssen.
Hinzu kam, das Australien bereits auf die moderne volltransistorisierte Farbfernsehgerätemodelle wie etwa Abwandlungen des bekannten PHILIPS K9 Chassis auch unter KRIESELR vermarktet bzw. britischer EMI/FERGUSON/HMV/THORN/RANK-ARENA Gerätschaft die zum Teile eine umetikettierte NEC Importe usw., nebst Importen aus Japan wie SANYO, SHARP, PANASONIC, SONY und TOSHIBA zurückgreifen konnte. Zumeist dabei schon mit den neuen Inline-Farbbildröhren.
Ganz allgemein waren selbst in den eigentlich europäischen Chassis zumindest für Australien ein eigener Netztransformator, wohl den lokalen Vorschriften geschuldet verbaut.
Bild: Schwerer Brocken im Wohnzimmer. In den USA auch als Low-Boy bezeichnet am Beispiel der ersten australischen Farbfernsehgerätegeneration mit dem AWA TV.
Die Chassiskonzepte ohne der dort sogar von politischer Seite erwähnten Gefahr der überhöhten Hochspannung (Stichwort: Ballasttriode mit Röntgenstrahlung) auskam.
Geräte die nochmalig mehr zuverläßig und damit interessant für ein möglichst aufwendungsarmes Mietgeschäftsmodell waren.
Was wie auch in anderen Ländern zum Politikum wurde, das war die Protektion des heimischen Gerätemarktes gegenüber den als bedrohlich empfundenen Importen.
Schon der bisherige s/w Gerätemarkt wurde durchschnittlich mit $100,- subventioniert während die Geräteindustrie für Farbfernsehgeräte noch höhere Schutzmaßnahmen einforderten [3]. Es galt letztlich einen 30.000 Mitarbeiter umfassenden $280 Millionen Dollar Inlandsmarkt zu schützen [4].
Mitarbeiter die alle erst in Sachen Farbfernsehtechnik geschult werden müssen.
Hier fragt man sich ein wenig inwieweit die freie westliche Marktwirtschaft tatsächlich "frei", also rein von Nachfrage und Angebot geprägt war.
Soweit so offiziell.
Uns interessiert aber die Zeitspanne zwischen den ersten Farbexperimenten und Tests die vor dem 1. März 1975 gelaufen waren. Eine Zeit in der es zwar noch keinen Massenmarkt aber dennoch schon genug Techniker und technisch Interessierte wie auch kaufkräftige Kundschaft gab die mit ausreichend Literatur zum Thema aus England versorgt auch zur Tat schreiten wollte.
Hinzu kamen Fernsehanstalten die sogar schon in den ausklingenden 1960er Jahre Farbfernsehpromotionen durchgeführt hatten.
Es waren nach Ablauf der Amotisationszeit der bis 1956 angeschafften reinen s/w Technik für die Studios nach und nach auch Filmabtaster womöglich auch die Magnetbandaufzeichnung (MAZ) bereits voll farbtauglich angeschafft bzw. nach und nach mit einer solchen ersetzt worden.
Und so wurde bereits vor den offiziellen Tests und Start des Farbfernsehens je nach Senderkette und Standort das Fernsehen Farbig ausgestrahlt.
Ein Umstand der sogar seitens der Regierung untersagt wurde um die Käufer "nicht zu beunruhigen".
Da es seitens der Studiotechnik nicht praktikabel war, das Chrominanzsignal aus den zuvor in Farbe aufgezeichneten Programmen oder Filmabtastungen zu entfernen, wurde dies durch ein einfaches Weglassen des Burst-Phasen-Signals in der Sendung erreicht.
Ein normaler Farbfernseher in Folge auch eine Farbsendung nur mehr in s/w wiedergeben kann.
Es gab aber "Wissende" die mittels eines "Chroma-Lock" genannten Zusatzgerätes bzw. Platine zwar mit Einschränkungen aber letztlich recht häufig eine einwandfreie Farbwiedergabe zustande brachten.
AWA importierte einige deutsche TELEFUNKEN Hybridgeräte mit dieser eingebauten Funktion und spielten sich in freien Stunden damit herum [2].
Anlässe mit gesicherter Farbübertragung waren damals 1973 der Melbourne Cup sowie die Satelliten-Live Übertragung der Hochzeit von Prinzessin Anne.
Die Detaildarstellung wie diese Module bzw. Schaltungen seitens der Zuseher mit durchaus einigem Aufwand und Kosten dennoch die Farbe wieder auf den Bildschirm kam lesen sie im Artikel über ISRAEL, das sein Farbfernsehen gar erst 1983 offiziell eingeführt hat.
Die thematische fernsehtechnische Auseinandersetzung mit Australien ist meinem dort leider zu früh verstorbenen Großonkel Egon gewidmed.
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Textzusammenstellung 10/2009; Update 12/2024; W. Scheida/Wien Medienhistoriker, zu www.scheida.at gehörendLetzte Überarbeitung: 23.12.24